Evangelischer Kirchenkreis Lübbecke

Worte der Besinnung für den 26. April 2025

Pfarrer Udo Schulte

Wasser des Lebens

Unsere Zeit ist geprägt von einem trügerischen Denken. Viele meinen, dass man vor allem für sich selbst zu sorgen hat, damit man gut durch das Leben kommt. Nur nicht abhängig sein von anderen, am besten alles selber schaffen. Daher muss ich fit, gesund und leistungsfähig sein und bleiben, um meinen Lebensstandart aufrecht erhalten zu können und mir meine Unabhängigkeit zu bewahren. Diese Lebenseinstellung hat einen hohen Preis, denen sich viele nicht mehr leisten können.
Aber in uns lebt noch ein ganz anderer Wunsch! Wir wünschen uns, versorgt und geliebt zu werden und andere Menschen um uns herum zu haben, die es gut mit uns meinen und es uns auch spüren lassen. Zum Menschsein gehört es eben auch, umsorgt, geliebt und beschützt zu werden.
Aus den Quellen schöpfen, vom Wasser des Lebens zu trinken, sich erholen können sind Wünsche, die zurecht in uns leben. Kein Mensch kann nur für sich allein leben, sei er noch so stark und selbstsicher. Wir wissen um unser Angewiesensein von anderen. Eigentlich geht es nicht darum, unabhängig zu sein, sondern zu wissen, von was und von wem unser Leben abhängt! Meint es jemand wirklich gut mit mir, oder bin ich vielmehr der Spielball anderer?
Christen wissen um die Abhängigkeit von anderen. Aber es ist eine Abhängigkeit, die nicht bedrohlich, sondern lebensfördernd ist. Im Bild gesprochen: Es ist wie das Wasser, dass aus einer Quelle stammt und sich seinen Weg bahnt. Wasser fließt herab, ich kann es mit meinen Händen, mit meinem Menschsein aufnehmen. Es entspringt aus einer anderen Quelle, von der ich empfangen kann. Gott ist die Quelle, die mir in Liebe zugewandt ist und auch andere Menschen werden mir zum Segen. Wo das Wasser des Leben auf mein Leben trifft, da kann sich Leben entfalten, da wächst Neues heran, da kommt es zur Entfaltung meiner Existenz, so dass es auch andere spüren.
Empfangenes Leben macht mich frei, anderen auch etwas weiterzugeben, sie zu beschenken mit dem, was dem Leben zuträglich ist. Wasser des Lebens ist die Kraft zur liebevollen Hinwendung zum anderen, zur Vergebung nach dem Streit, zur Hoffnung, wo manche nur noch Dunkelheit sehen.
Der Glaube an die Liebe Gottes, die uns durch Jesus Christus vorgelebt wurde, verhält sich oft so ganz anders, als es unsere schweren Erfahrungen zulassen wollen. Es ist ein Wagnis, zu empfangen und dann anderen in gleicher Weise weiterzugeben. Diese Lebenshaltung sprengt die Ketten unseres Sicherheitsdenkens. Aber wo Menschen die Erfahrung gemacht haben, dass es Gott doch gut mit uns meint, dass Vergebung die Kraft zum Neuanfang ist, dass ich nicht immer auf mein Versagen festgelegt werden muss, da wird das Wasser des Leben zur lebendigen Quelle.
Vieles kann man erzählen von dem Geschmack des frischen Wassers - aber es bleiben nur schöne Worte. Selber zu trinken und zu erfahren, wie dieses frische Wasser das Leben stärkt, ist etwas anderes.
Mag unsere Zeit lieber auf die eigenen Krafte und Stärke schwören, so ist doch die Lebensweise des Empfangens und des Teilens eine Perspektive, die uns seit Ostern einen anderen Weg zeigt, der uns und anderen zum Segen werden kann.


Pfarrer Udo Schulte