Evangelischer Kirchenkreis Lübbecke

Worte der Besinnung für den 18. Oktober 2025

Diakon Michael Biesewinkel

Eine Reise der Nächstenliebe

Anna pendelte mit der U-Bahn zur Arbeit. Eines Montags bemerkte sie Herrn Weber, der oft zur gleichen Zeit unterwegs war. Er suchte nach Kleingeld für ein Ticket. Ohne zu zögern, bot Anna an, sein Ticket zu bezahlen. Dankbar nahm Herr Weber das Angebot an.

Während sie auf den Zug warteten, erzählte Herr Weber, dass er auf dem Weg zu einem Arzttermin sei und seine Geldbörse vergessen habe. Anna erinnerte sich an eine Bibelstelle, welche ihr erst kürzlich wieder eingefallen ist: „Dies Gebot haben wir von ihm, dass, wer Gott liebt, dass der auch seinen Bruder liebe." (1. Joh 4,21). Diese Worte inspirierten sie zu der kleinen Geste, die nicht nur Herrn Weber half, sondern auch sie selbst erfüllte. Im Zug bedankte sich Herr Weber nochmals und versprach, das Geld zurückzugeben. Anna lächelte und meinte, dass manchmal jeder ein wenig Hilfe brauche.

Diese Begegnung öffnete Anna die Augen für die Möglichkeiten, im Alltag Liebe und Unterstützung zu zeigen. Sie entdeckte, dass solche Gesten die Welt freundlicher machen können. Fortan achtete sie mehr auf die Menschen um sie herum und fand Gelegenheiten, anderen Licht in den Alltag zu bringen.

In einem Café bemerkte sie eine Mutter mit einem Kind. Anna bot an, das Kind zu beschäftigen, sofern es damit einverstanden sei, damit die Mutter ihren Kaffee genießen konnte. Dankbar nahm die Mutter das Angebot an, und Anna brachte das Kind zum Lachen. Ganz nebenbei erkannte sie, dass Kinder unbewusst vorleben, wie wir unsere Welt zu einem bunteren Ort machen können. 

Im Stadtpark fiel ihr ein Herr auf, der Tauben fütterte. Sie setzte sich und hörte zu, als er von seiner verstorbenen Frau erzählte. Anna erkannte, wie wichtig es ist, da zu sein und zuzuhören.
Sie begann, nette Botschaften in Büchern der Bibliothek zu hinterlassen und stellte sich vor, wie jemand eines Tages eine Nachricht finden würde und dabei lächelte. Diese Gesten wurden Alltag für sie.
Die Stadt, die Anna einst als hektisch empfand, wurde zu einem Ort voller Geschichten. Sie erkannte, dass jeder Mensch seine eigene Geschichte hat und dass Freundlichkeit einen Unterschied machen kann. Anna lernte, dass es die kleinen, alltäglichen Gesten sind, die das Herz berühren.

So wurde Anna zu einem gelebten Beispiel für die Kraft der Nächstenliebe und zeigte, dass es nicht viel braucht, um einen Unterschied zu machen – nur ein wenig Zeit, ein offenes Ohr und ein warmes Herz. Und während sie ihren Weg durch die Stadt ging, hinterließ sie Spuren der Freundlichkeit.


Diakon Michael Biesewinkel