Evangelischer Kirchenkreis Lübbecke

Worte der Besinnung für den 11. Oktober 2025

Prädikantin Miriam Wegener-Kämper

Ich sehe ihn immer wieder in der Handball-Halle.
Während die Spielerinnen und Spieler sich aufwärmen, schaut er zu. Mal ermutigt, mal bremst er. Er weiß genau, was jede und jeder gerade braucht. Dinge, die er nicht versteht, lässt er sich erklären. Und was er weiß, gibt er gerne weiter.

Dann beginnt das Spiel. Konzentriert verfolgt er das Hin und Her und feuert die Teams an. Er liebt ihre Leidenschaft und den fairen Wettkampf.

Am Ende jubelt die eine Mannschaft, während die andere mit hängenden Köpfen die Halle verlässt. Das ist sein Moment! Er folgt dem Team in die Kabine. „Leute“, sagt er, „im Wettkampf kann es nicht nur Sieger geben. Das wäre doch langweilig! Trotzdem seid ihr alle Gewinner, denn ihr habt euch angestrengt und eine Menge Spaß gehabt. Aber vor allem habt ihr euch. Wenn ihr gewinnt - und wenn ihr verliert. Niemand muss sich alleine freuen. Und niemand muss alleine traurig sein. Ist das nicht toll? Deshalb: Seid jetzt zusammen einen Moment enttäuscht - und dann freut euch auf das nächste Spiel, in dem ihr eine neue Chance auf den Sieg hat.“

Es ist der Glaube, den ich beim Handball treffe. Man kann ihm auch woanders begegnen: im Mathe-Unterricht, beim Frühstück, zwischen Baustein-Bergen, an der Käse-Theke, auf dem Klo und sogar in der Kirche.

Der morgige Sonntag steht mit seinen Texten und Liedern ganz im Zeichen des Glaubens. Aber vorsichtig gesagt: Er hat gerade nicht den besten Ruf. Was meinen Menschen nicht alles, wegen ihres Glaubens tun oder lassen, bejubeln oder verteufeln, vorantreiben oder bekämpfen zu müssen? Welche Gräueltaten wurden und werden auf der Welt nicht in vermeintlich bestem Glauben begangen?

Der Glaube, den ich kenne, ist anders. Ganz anders. Er ist ein absoluter Teamplayer. Es geht ihm nie nur um sich selbst und das eigene „Besser, Höher, Schneller, Weiter“. Er hat stets das Wohl aller im Blick. Der Glaube ist aufmerksam und freundlich, betrachtet Stärken wertschätzend und Schwächen wohlwollend. Er unterstützt jede und jeden dabei, sich weiterzuentwickeln. Und weiß, dass es nicht immer nur vorwärts geht. Der Glaube hat Ausdauer und bleibt auch dann am Ball, wenn es schwierig wird. Er hat viel Kraft und setzt sie klug ein. Unbequem wird er, wenn Fairness und Gerechtigkeit auf dem Spiel stehen. Der Glaube liebt Farbe und Vielfalt, findet alles Neue spannend. Für ihn ist niemand „out“ - nein, alle sind „in“.

Immer wieder frage ich mich, was das für ein Typ ist, von dem manche Leute erzählen. Die vom Glauben reden und ich von ihnen Worte höre wie „drinnen“ und „draußen“, „richtig“ und „falsch“. Das ist nicht der Glaube, den ich kenne. Der mir für mein Leben wichtig ist. Der so ein weites Herz hat.

Vielleicht, denke ich, sollten sie auch mal in die Sporthalle gehen.


Miriam Wegener-Kämper, Prädikantin in Nettelstedt