Evangelischer Kirchenkreis Lübbecke

Worte der Besinnung für den 10. Mai 2025

Pfarrer Eberhard Helling

In Rom wurde gewählt – und anders als in Berlin hat es dort sogar vier Wahlgänge gegeben und alle sind begeistert. Kann das mit dem Heiligen Geist zusammenhängen? Als Protestant kann man eigentlich nicht so viel mit dem Heiligen Geist anfangen. Gott? Klar, den muss es wohl geben, Jesus – war bestimmt ein guter Mensch, aber der „Heilige Geist“…? – ist zu unklar, kann man nicht greifen – und vor allem: ich glaube doch nicht an die Kirche – das soll doch im Glaubensbekenntnis im Zusammenhang von Heiligen Geist stehen … FALSCH!
Im dritten Teil des Glaubensbekenntnisses heißt es: Ich glaube an den Heiligen Geist, die heilige, christliche Kirche, Gemeinschaft der Heiligen …u.s.w. Also nicht: ich glaube an die Kirche – an die kann man wirklich nicht glauben – die sieht man doch in jeden Dorf. Und was man sieht – das braucht man nicht glauben. Glauben ist nämlich ein Vertrauen auf etwas, was ich nicht sehen kann. 
Was ich nicht sehen kann ist nämlich ein besonderer Geist, der in der sichtbaren Kirche herrschen soll – eine eigene Atmosphäre – oder wie man in Englisch sagen würde: ein besonderer „spirit“ – was nichts anderes als „Geist“ bedeutet – eine Kraft, eine Energie, die Menschen auf eine Weise berührt und anfasst, sodass sie ungewohnte, unerwartete Dinge tun, die auf Jesus Christus hinweisen.
Und genau das ist nach meiner Einschätzung am 8. Mai 2025 in der katholischen Kirche in Rom geschehen – an dem Tag, an dem wir in Europa an das Ende des 2. Weltkrieges vor 80 Jahren gedacht haben – an diesem Tag wird in Rom ein Papst gewählt, dessen erstes Wort als Papst: „FRIEDE“ gewesen ist. Leo XIV. weiß genau, was er mit diesem ersten Wort als Papst an Erwartungen auslöst. Er weiß genau in welcher Welt wir leben und vor welchen Herausforderungen dieser Globus steht. Er war lange genug im Armenhaus von Peru unterwegs, in einer der ärmsten Gegenden dieses armen Andenstaates, um einschätzen zu können, was Friede, echter Friede bedeutet: Menschen und Tiere haben ein Recht auf würdevolles Leben und Sterben. Und für diese Rechte muss man sich klug und beherzt einsetzen. 
Und ausgerechnet Leo XIV., ein gebürtiger Nordamerikaner, wird nun als Papst einem nordamerikanischen Präsidenten gegenüberstehen, der diese Rechten auf würdevolles Leben und Sterben bei Lateinamerikanern mit Füßen tritt. … Ich kann nicht anders, als zu glauben, dass diese Wahl ein Werk des Geistes Gottes war. 
Also: ich glaube nicht an die Kirche, aber ich glaube an Gottes Geist und dass dieser Geist Gottes immer wieder in der Kirche sich Platz verschafft: in der katholischen und in den protestantischen, in den orthodoxen und in den freien Gemeinden wirkt dieser Geist – nicht immer, nicht auf Bestellung – aber er tut unerwartete Wege auf – das ist sein Markenzeichen; und so weist er auf Jesus Christus. Denn der hat sich auch sehr unerwartet und unangepasst den Menschen gegenüber verhalten – vor allem, als sie alle dachten, der ist tot – da haben sie alle ihr blaues Wunder erlebt. Er lebt …! Genau so wird es auch mit der Kirche so sein, genau so ist es manchmal schon – das glaube ich…!


Pfarrer Eberhard Helling