Evangelischer Kirchenkreis Lübbecke

Worte der Besinnung zu Weihnachten 2022

Pfarrerin Barbara Fischer (stellv. Superintendentin im Kirchenkreis Lübbecke)

Der Heiland der Welt

Endlich. Der Weihnachtsbaum steht, und er steht gerade. Ich habe mich in diesem Jahr dazu entschlossen, Fröbelsterne und bunte Kugeln aufzuhängen. Auch die Krippenfiguren nähern sich langsam dem Stall. Nur das Jesuskind fehlt noch, es hat seinen großen Auftritt in der Heiligen Nacht.

Alle Jahre wieder, so mag manch einer denken. Jedes Jahr der Baum, der nicht gerade in den Ständer will, jedes Jahr die Diskussion um den Baumschmuck und der Satz: „Früher war mehr Lametta.“ Jedes Jahr das Weihnachtsessen. Gans, Pute, Rouladen oder vielleicht in diesem Jahr doch lieber vegetarisch? Alle Jahre wieder und doch etwas Besonderes. Manch eine vermisst in diesem Jahr jemanden unter dem Baum. „Aber einen Baum brauche ich. Wenigstens den“, sagt eine Frau, deren Mann verstorben ist, und sie sucht sich ein ganz besonders schönes Nordmanntännchen aus. Für andere kommen in diesem Jahr die Enkelkinder und dann ist es ein wenig wie früher, als die Kinder noch klein waren und nicht abwarten konnten, bis endlich das Glöckchen läutete und unter dem Baum gesungen wurde. Der eine oder die andere muss noch ein Geschenk besorgen und genießt einen Glühwein im großen Weihnachtstrubel in der Fußgängerzone.

Es ist gut, dass Weihnachten das Fest der Familie ist, mag sie groß oder klein sein, Lieblingsmenschen gehören auch dazu. Eine fröhliche Runde, Aufmerksamkeiten und gemeinsames Essen, das muss sein. Wenngleich es in diesem Jahr dann doch an Harmlosigkeit und Idylle fehlt. Im dritten Corona-Jahr sind wir müde geworden und mussten erleben, wie ganz in unserer Nähe ein brutaler Krieg ausbricht. Flüchtlinge kommen zu uns - auf der Suche nach einer Herberge, nicht nur für eine Nacht. Die Lebensmittel wurden teurer, der Sprit sowieso und auch das Heizen und der Strom. Selbstverständlichkeiten des Alltags sind plötzlich ein Thema. Aber - der Baum steht und die Krippenfiguren auch. „Wir warten aufs Christkind.“

Die Krippenfiguren, die Sterne und Kugeln am Baum, sie stehen für die Botschaft des Engels: „Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren.“

Zugegeben, der Heiland ist etwas aus der Mode gekommen. Aber das Wort drückt etwas aus, das wir uns nicht selbst schenken können. Da kommt jemand von ganz woanders her und weist uns darauf, dass wir in Gottes Welt leben, zuweilen vielleicht auch gegen den Augenschein. Der Heiland, er reißt, wie es in einem Lied heißt, die Himmel auf und öffnet alles, was verschlossen ist, „wo Schloss und Riegel für“. Dieses Kind in der Krippe, an das wir uns jedes Jahr erinnern lassen, es öffnet die Verschlossenheit der Menschen, die Abgeklärtheit der Unnahbaren, die Verzagtheit der Ängstlichen. Es erinnert daran, dass Friede möglich ist und Liebe geschieht: unter uns Menschen, in der Kirche und in der Welt. Weihnachten – wir erwarten nichts weniger als den Heiland der Welt. Und er kommt – für die Menschen seines Wohlgefallens. Diesen Segen wünsche ich Ihnen!

Gesegnete Weihnachten,



Ihre Barbara Fischer, stellv. Superintendentin im Kirchenkreis Lübbecke