Evangelischer Kirchenkreis Lübbecke

Worte der Besinnung von 22. April 2023

Kreiskantor Heinz-Hermann Grube

Ich liebe es, Chöre zu leiten. Es ist ein Privileg, dieses tun zu dürfen. Aber genauso gerne singe ich selbst mit, stelle mich in die zweite Reihe und folge dem Dirigat des Mannes oder der Frau, die vorne steht.
Warum macht es Spaß, das zu tun, was andere wollen? Gut, ich muss schon einverstanden sein mit dem, was von mir verlangt wird. Aber was ich tue, wird doch wesentlich „von vorne“ bestimmt, nicht von mir selbst. Keine Selbstbestimmung.
Es ist eine Wohltat, im Einklang mit anderen zu sein. Am eindrucksvollsten sind nun einmal Chorklänge, in denen die einzelnen Stimmen zu einem homogenen Ganzen zusammenschmelzen. Und das lässt auch das Herz der Chorsänger und Chorsängerinnen selbst höherschlagen. Und umgekehrt tut es richtig weh, wenn die Stimmen nicht zusammenstimmen. Ich empfinde das Singen im Chor gar nicht als Unterordnung. Es fordert mich ganz heraus, meinen Willen zur Gestaltung mit dem Willen der anderen zusammenzubringen. Ich will ja die gut klingende Gemeinschaft. Insofern doch „Selbstbestimmung“.
Der morgige Sonntag ist in unserer Kirche thematisch geprägt vom Bild des „guten Hirten“. Jesus selbst wird so genannt. Und wir, die Gemeinde, die sich zu diesem Jesus bekennt, sind die Schafe. Das hört sich dann doch nach Willfährigkeit und blindem Gehorsam an. Aber vielleicht darf ich mir die Schafherde eben wie einen guten Chor vorstellen. Aus Freude am gemeinsamen Tun, aus der Liebe zur Harmonie, aus der Hingabe an das gemeinsame Ziel füge ich mich gerne ein und höre auf die Stimme des Hirten, der mir sagt, was ich tun soll.
Und was soll ich tun? Welches Lied soll ich singen? Wie soll sich meine Stimme anhören? Liebe üben, Versöhnung und Vergebung predigen, freundlich sein! Und stellen Sie sich vor: der ganze „Chor“, die ganze Herde, die ganze Gemeinde haben den Willen, freundlich zu sein, Versöhnung und Vergebung sich gegenseitig zuzusagen und Liebe zu üben. Das müsste doch einen Klang oder ein Bild ergeben, das Eindruck machen würde. Und irgendwie hat Friedrich Nietzsche recht, wenn er sagt: "Die Christen müssten mir erlöster aussehen. Bessere Lieder müssten sie mir singen, wenn ich an ihren Erlöser glauben sollte." Aber der Clou ist: Das sieht man nicht von außen. Nur wer sich in diese Gemeinde, in diesen Chor, in diese Herde hineinstellen lässt, merkt: Ich bin vergnügt, erlöst, befreit. Gott nahm in seine Hände meine Zeit, mein Fühlen, Denken, Hören, Sagen, mein Triumphieren und Verzagen, das Elend und die Zärtlichkeit. (Hanns Dieter Hüsch)


Heinz-Hermann Grube, Kreiskantor für den Kirchenkreis Lübbecke