Evangelischer Kirchenkreis Lübbecke

Worte der Besinnung vom 30 Oktober 2022

Pfarrerin Sabine Heinrich

Liebe Leserinnen und Leser,
am Montag steht in meinem Kalender "Gedenktag der Reformation". Auch wenn der Reformationstag nicht bundesweit ein Feiertag ist, werden in vielen Kirchengemeinden am 31.10. oder am darauffolgenden Sonntag Gottesdienste gefeiert.
Im letzten Jahr haben wir Pfarrerinnen und Pfarrer der Region Lübbecke in der Gottesdienstvorbereitung gefragt: Was bedeutet Reformation für mich ganz persönlich?
Mit welchem Bibelvers würdest du einen dir wichtigen reformatorischen Gedanken beschreiben? Können Sie mit wenigen Worten sagen, wer Sie sind und was Sie glauben?
Paulus ist eine Antwort in einem kurzen Satz gelungen, den ich vor vielen Jahren als Taufspruch für eine unserer Töchter ausgesucht habe:
„Durch Gottes Gnade bin ich, was ich bin.“ (1. Kor. 15, 10).

An dieses Geschenk der Gnade werde ich denken, auch am Reformationstag 2022.

Paulus schreibt diesen Satz, während er berichtet, wie ihm der auferstandene Christus erschienen ist.
Er hat eine völlig neue Lebensbasis gefunden:

Was ich bin – entscheide nicht ich.
Was ich bin - entscheiden nicht andere.
Was ich bin – entscheidet sich nicht an dem, was ich leiste.
Was ich bin – entscheidet Gott.

Paulus hat erlebt, was Gnade für ihn bedeutet.

Was Saulus zum Christen Paulus macht, wurde von Martin Luther noch einmal neu entdeckt. Sola gratia, allein die Gnade, wie er es auf Latein schrieb. Luther war auf der Suche nach dem gnädigen Gott und hat erkannt:

Allein aus Gottes geschenkter Gnade werde ich vor Gott gerecht und heilig.

Durch Gottes Gnade bin ich, was ich bin.“
Das ist ein demütiger und ein aufbauender Satz zugleich.
Demütig heißt nicht, dass ich alles ertragen müsste oder mich klein machen müsste.
Als Demütige erkenne und akzeptiere ich, dass es etwas für mich Unerreichbares, Höheres gibt.
Das kann zu einem Glauben an Gott führen.
Aber es führt auch dazu, sich nicht selbst zu überschätzen oder zu viel von sich oder von anderen zu erwarten.
Demut rechnet damit, dass es immer noch etwas Höheres, Besseres gibt. Ich finde, das entlastet, macht gelassen.

„Durch Gottes Gnade bin ich, was ich bin.“

Die Gnade sagt dir: Du musst nicht perfekt sein. Du musst nicht immer funktionieren. Du darfst müde sein. Vergesslich. Schlecht gelaunt. Du musst nichts beweisen. Du musst nicht immer alles im Griff haben. Du bist etwas wert, auch wenn du dir nicht viel leisten kannst und dir nicht alles glückt und du dem Schönheitsideal nicht entsprichst.

"Durch Gottes Gnade bist du, was du bist!“
„Durch Gottes Gnade bin ich, was ich bin.“
- ein kurzes, aber sehr schlüssiges Glaubensbekenntnis, das wir übernehmen können von Paulus.
Er schenkt uns Freiheit, Kraft, Frieden und Mut.

Durch Gottes Gnade bleiben wir in Ewigkeit, was wir sind:
seine Kinder.

Am Montag ist Reformationstag ... und was bedeutet Reformation für Sie?


Pfarrerin Sabine Heinrich