Evangelischer Kirchenkreis Lübbecke

Worte der Besinnung vom 27. August 2022

Pfarrerin Gisela Kortenbruck

Die Rahdener St. Johannis-Kirche gehört zu den Kirchen, die auch wochentags geöffnet sind. Gerade in den Sommermonaten genieße ich es, die Gelegenheit zu nutzen und die Einladung der geöffneten Kirchentür anzunehmen. Dann suche ich mir einen Platz in einer Kirchenbank und setze mich hin. Sonntags ist in der Kirche Leben. Viele sind dann da; wir beten und singen gemeinsam, hören den Worten der Predigt zu. Aber jetzt ist das anders, ich bin allein in dem großen Kirchraum und lasse seine Weite auf mich wirken. Es ist kühl und still. Ich hänge meinen Gedanken nach, komme langsam zur Ruhe.
Ich blicke auf das bronzene Kreuz auf dem Altar, auf die brennenden Kerzen. Natürlich brauche ich keine Kirche um zu beten, um mich Gott nahe zu fühlen, um über meinen Glauben nachzudenken. Und doch: es ist dieser besondere Raum, der mich dem Heiligen nahe bringt. Die Kirche ist doch das „Haus Gottes“. Ein Bibelvers fällt mir ein, den ich schon oft gebetet habe, wenn ich mich vor Beginn des Gottesdienstes auf meinen Platz setze: „Herr, ich habe lieb die Stätte deines Hauses und den Ort, da deine Ehre wohnt.“ (Psalm 26,8)
Ich brauche diesen besonderen Raum, diese kleine halbe Stunde hier für mich – und für Gott. Ich möchte beten, meine Sorgen in Gedanken formulieren und Gott vor die Füße legen. Was mir jetzt gerade zu schaffen macht, auch wofür ich dankbar und froh bin. Was mir Sorgen macht, wenn ich an die Zukunft denke und daran, wie es wohl mit dieser Welt weitergehen mag, möchte ich Gott sagen. Es gibt so vieles, was nicht in Ordnung ist. Und Menschen fallen mir ein, die ich kenne, für dich ich auch beten möchte, die Fürbitte brauchen: „Gott, hör zu. Hilf mir, hilf uns. Bleib uns nah. Lass Dinge wieder gut werden oder wenigstens besser. Und danke, Gott, für das, was trotz allem gut ist.“
Die alte Kirchenbank, auf der ich sitze: Wie viele Menschen haben hier schon vor mir gesessen, so wie ich jetzt? Seit Jahrhunderten werden Menschen ihre Sorgen, aber auch ihre Freude und ihren Dank hier vor Gott gebracht haben. Und auch nach mir werden noch andere hier sein und Gottes Namen nennen, ihn bitten und ihm danken.
Eigentlich bin ich also gar nicht allein. Viele andere teilen ihre Gebete, ihren Glauben mit mir. Und ich mit ihnen. Und Gott ist da, jetzt auch für mich. Und er war schon immer da; und er wird auch in Zukunft sein. Immer.
In Gottes Haus, hier auf der alten Kirchenbank, spüre und denke ich das alles; fühle mich den Menschen verbunden, die auch an diesen Gott glauben. Gottes Haus ist kein Ort wie jeder andere. Es ist der Ort, an dem Gottes Ehre wohnt.
Ich stehe auf, gehe zum Altar, zünde ein kleines Licht an, stelle es neben die anderen, die da schon brennen. Danke, Gott, für all das, was ich hier finden durfte. Und dafür, dass ich wiederkommen kann: am nächsten Sonntag – oder auch irgendwann sonst. Und dass ich dann wieder einen Platz hier in der Kirchenbank haben werde und beten kann: „Herr, ich habe lieb die Stätte deines Hauses und den Ort, da deine Ehre wohnt.“ Erfrischt bin ich, getröstet auch. Und neu gestärkt mache ich mich auf den Weg. Bis zum nächsten Mal. Ich weiß ja, Gott, in der Kirchenbank ist immer Platz für mich.


Gisela Kortenbruck
Pfarrerin der Ev.-Luth. Kirchengemeinde Rahden
Bezirk Rahden-West