Evangelischer Kirchenkreis Lübbecke

Worte der Besinnung vom 23. September 2023

Pfarrer Udo Schulte

Ab und zu passiert mir dieses Malheur: Ich nehme nach langer Zeit eine Fernbedienung in die Hand und versuche ein bestimmtes Programm einzustellen. Aber ich habe inzwischen vergessen, welche Tastenkombination ich drücken muss, um das gewünschte Ergebnis zu erhalten. Oder ich sitze an meinem Computer und möchte ein bestimmtes Programm nutzen, aber ich kann mich nicht erinnern, wie ich die Tastatur bedienen muss, um an mein Ziel zu gelangen. Ohne die regelmäßige Nutzung von Geräten kann es leicht passieren, dass wir den gelernten Umgang nicht mehr abrufen können und wir hilflos vor einem Problem stehen, dass oft nur mit wenigen Schritten zu beheben ist.
Unser Leben hat manche Übungen und regelmäßige Abläufe, die den Alltag erleichtern können. Viele dieser Fähigkeiten haben wir innerlich so abgespeichert, dass wir darüber nicht mehr lange nachdenken müssen.

Eine nicht nur hilfreiche, sondern zutiefst segensreiche Lebensübung ist das Gebet. Wir können unsere Anliegen, ob Freude, Angst, Dank oder Ärger mit lauten oder leisen Worten an Gott richten und dürfen erleben, wie sich im Gebet eine oft ungeahnte Wirklichkeit öffnet, die sich wohltuend auf unser Leben auswirkt. Eine derartige Übung ist zum Beispiel das Gebet zu den Mahlzeiten, wo wir Danke sagen für das tägliche Brot, das alles andere als selbstverständlich ist. Wer den Psalm 23 von dem guten Hirten kennt oder das Vaterunser gelernt hat, hat einen wertvollen Schatz in seinem Leben. Wenn uns Sorgen um das eigene Leben oder die Entwicklungen unserer Zeit bedrücken, wenn uns die Nachrichten über Katastrophen und Auseinandersetzungen beängstigen, dann hilft ein Gebet am Abend oder auch morgens mit der Bitte um Gottes Hilfe, damit wir nicht den Boden unter den Füßen verlieren; neue Zuversicht kann entstehen und Kraft für die nächsten Schritte.

Wo wir in unserem Leben keine Übung mit dem Gebet haben, da geht es uns vielleicht wie mit der Fernbedienung, die lange nicht mehr genutzt wurde. Ich stehe hilflos davor, finde keine Worte oder auch nicht den Mut, meine Anliegen vor Gott zu bringen.

Wir brauchen keine Scheu haben, gerade in notvollen Situationen das Gebet zu suchen und bei Gott um Hilfe zu bitten. In den Psalmen lädt uns Gott deutlich ein: Rufe mich an in der Not und ich will dich hören! (Psalm 50, Vers 15) Diese Einladung Gottes zum Gebet ist sehr bewusst offen formuliert: Jeder Mensch darf diesen Schritt wagen, nicht nur die besonders Frommen. Aber gerade um diese Chance der Begegnung mit Gott zu nutzen, ist die Übung des Gebets so hilfreich, denn was ich regelmäßig praktiziere, kann ich leicht im Alltag umsetzen. Wer sich mit dieser geistlichen Übung befasst und das Gebet praktiziert, hat eine hilfreiche Grundlage für einen guten Umgang mit den vielfältigen Herausforderungen des Lebens.


Pfarrer Udo Schulte