Evangelischer Kirchenkreis Lübbecke

Worte der Besinnung vom 22. November 2019

Morgen ist der letzte Sonntag im Kirchenjahr, der Ewigkeitssonntag. Aber obwohl wir Menschen nichts so sicher wissen wie die Tatsache, dass unser Leben endlich ist und wir einmal sterben müssen, verdrängen wir diesen Gedanken doch gern, denn er macht uns Angst. Aber wäre es nicht besser, dem Psalmdichter zu folgen, der uns rät: „Herr, lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden“ (Psalm 90,12). Wenn etwas endlich ist, ist es doch dadurch umso kostbarer. Wir könnten dankbarer werden für die Menschen, die mit uns leben und die wir lieb haben, für die schönen und fröhlichen Momente im Leben, für das, was uns gelingt und woran unser Herz hängt. Bei Dingen, die wir noch planen, könnten wir abwägen, wie wichtig sie wirklich sind, und bei Sachen, die Ballast geworden sind, könnten wir überlegen, sie abzugeben an jemanden, der sie nötiger braucht, und die dadurch gewonnene Freiheit genießen.
Wenn ein uns lieber Mensch gestorben ist, denken wir sicher nicht nur an einem Gedenktag wie dem morgigen, der im Volksmund auch Totensonntag genannt wird, an ihn. Und hoffentlich gelingt es uns, dabei mehr an die schönen Erlebnisse und Erinnerungen zu denken als die entstandene Lücke zu beklagen. Vielleicht hilft dabei das Wissen, dass das Leben nach dem Tod in der Bibel eher wie ein Fest beschrieben wird. Der Evangelist Matthäus beschreibt es in Kap.25 wie ein Hochzeitsfest. In der Offenbarung des Johannes wird in den höchsten Tönen von einem himmlischen Jerusalem erzählt. Nicht ohne Grund endet das Requiem (die Totenmusik) des französischen Komponisten M. Durufle mit dem Chorgesang „ In paradisum te deducant angeli“, was auf Deutsch uns verheißt: Die Engel werden dich ins Paradies führen.
In Amrum gibt es den Namenlosen- Friedhof für die unbekannt am Strand angespülten Toten. Jeder hat dort sein eigenes Grab. Auch wenn dort schon lange keiner mehr begraben wurde, weil die Identifizierungsmethoden sich verbessert haben, wird dieser Friedhof gepflegt. Im dazu herausgegebenen Faltblatt steht ein Vers des Evangelisten Lukas (Kap 10, 20): „Freut euch, dass eure Namen im Himmel geschrieben sind“. Gott vergisst seine Geschöpfe nicht.
Aus menschlichem, aus irdischem Leben ist das Sterben nicht wegzudenken. Aber auch neues Leben und Blühen nicht. Nächste Woche beginnt das neue Kirchenjahr, mit dem Warten auf den Messias. Das erste Lied in unserem Gesangbuch endet mit folgenden Worten in der 5. Strophe:“ Ach zieh mit deiner Gnade ein, dein Freundlichkeit auch uns erschein. Dein heilger Geist uns führ und leit den Weg zur ewgen Seligkeit.“ Darauf dürfen wir hoffen – alle Tage neu!


Christiane Seibel