Evangelischer Kirchenkreis Lübbecke

Worte der Besinnung vom 20. August 2022

Pfarrerin Kristina Laabs

Der Urlaub ist gerade zu Ende. Nun sitze ich wieder am Schreibtisch. Die Gedanken wandern zurück an die Tage in Italien. Ein Erlebnis hat mich besonders beeindruckt: der Besuch des Mailänder Doms. 10.000 Menschen stehen täglich an, um in und auf das Gotteshaus zu gelangen. Tatsächlich „auf“! Denn nach 200 Stufen erschließt sich auf dem Dach des Gotteshauses eine ganz eigene Welt. Unzählige Statuen stehen auf den Spitzen des Doms, Pfeiler scheinen einen in die Höhe zu ziehen, dazwischen liegen Höfe, in deren Mitte wiederum Skulpturen stehen, die Menschen aus den biblischen Geschichten darstellen. Anblick und Ausblick verschlagen einem die Sprache. Doch schon nach der nächsten Ecke entfährt den Gästen aus aller Welt ein erstauntes „Mon Dieu!“, „O mein Gott!“, „Mio Dio!“ oder „O my God!“. Alle sind beeindruckt von dem, was Künstler hier geschaffen, wie sie mit ihren Gaben Gott ein Denkmal gesetzt haben. Das alles ist so erhebend, dass ich es nie vergessen werde. Es ist ein Schatz, den ich in meinem Herzen für immer tragen werde. Ebenso wie die Begegnung mit Luigi auf einer Bergalm über dem Lago Maggiore. Der junge Mann ist 19 Jahre alt, fröhlich und aufgeschlossen. Wie so viele andere Jugendliche trägt er viele Tatoos auf der Haut. Eines sticht aber in Größe und Ausstrahlung besonders heraus. Es ist nicht ein Totenkopf, ein Tier oder der Name der Liebsten. Sondern das Bildnis der Jungfrau Maria. Er trägt es ganz selbstverständlich und nickt stolz, als ich ihn frage, ob ich es fotografieren darf.
Ich bin überzeugt davon, dass es uns guttun würde, wenn wir solche Erlebnisse nicht nur als Urlaubshighlights verbuchen. Sondern sie als Frage an uns verstehen: Was ist mir wichtig? Warum stelle ich mich im Urlaub in eine lange Schlange, um eine Kirche zu besichtigen? Wann habe ich das letzte Mal eine Kirche in meiner Heimat besucht?
Denn seien wir doch mal ehrlich: Auch in unserem Umfeld gibt es wunderschöne Kirchen. In ihnen haben wir unvergessliche Momente erlebt. Haben uns berühren lassen von ihren Bildern, von der Musik, die in ihnen erklang, von der Gemeinschaft, die wir dort in den Gottesdiensten erleben durften. So haben wir manchen Schatz entdeckt, der uns für unser Leben geprägt hat.
Aber in der Begegnung mit anderen sprechen wir kaum davon. Verbergen das, was uns unter die Haut gegangen ist. Luigi macht das anders. Für ihn gehört sein Glaube zu seinem Leben und hat seinen Platz mitten in der Gesellschaft, in der er lebt.
Dabei könnten doch auch wir uns mit Stolz zu Gott bekennen. Denn er hat uns mit ganz unterschiedlichen Gaben gesegnet. Wer an ihn glaubt, empfängt die Kraft, Schweres zu meistern und Schönes als solches zu erkennen und dankbar zu feiern. Gott ist da. Nicht nur im Urlaub, sondern jeden Tag.

Die Kirchen sind Zeichen, die uns daran erinnern sollen. Ebenso wie ein Kreuz an einer Kette, ein Fischaufkleber auf dem Auto oder ein Tatoo. Egal was es ist, der Träger/die Trägerin zeigt damit: Gott ist in meinem Leben gegenwärtig und das darf auch jeder wissen!




Kristina Laabs
Pfarrerin von Oberbauerschaft