Evangelischer Kirchenkreis Lübbecke

Worte der Besinnung vom 18. Februar 2023

Pfarrerin Hilke Vollert

Sehnsucht nach Meer

In jedem Jahr feiern wir in unserer Gemeinde einen Literaturgottesdienst, am heutigen Samstag ist es soweit. Im Team suchen wir nach einem Buch, das uns gefällt und das so erzählt ist, dass wir gut daraus vorlesen können. In diesem Jahr ist es das Buch von Dörte Hansen „Zur See“.

Das Buch erzählt vom Leben auf einer Nordseeinsel, von den Bewohnerinnen und Bewohnern und auch von den Touristen, die die Insel besuchen. Dörte Hansen erzählt von früheren Zeiten, wo die Männer zur See fuhren und die Familien zurückblieben. Sie erzählt auch, wie sich das Verhalten der Gäste veränderte, die auf die Insel kamen und kommen, die, die früher lange blieben und die, die heute eine kleine Auszeit auf der Insel nehmen.
Wir haben uns gefragt, was die Menschen, die auf der Insel leben und die, die auf die Insel kommen, verbindet. Etwas, dass alle verbindet, ist eine starke innere Sehnsucht. Davon erzählt Dörte Hansen auf eine ganz berührende Weise. Die, die als Gäste auf die Insel kommen, kommen mit der Sehnsucht nach Meer und Wind, nach einem weiten Horizont und endlosem Strand, um durchzuatmen. Und die, die auf der Insel leben? Auch sie treiben verschiedene Sehnsüchte, nach Zeiten, die vergangen sind und nicht wiederkommen, nach Liebe, nach einem Zuhause.

Sehnsucht, das ist auch etwas, dass zum Glauben dazugehört. Wir sehnen uns nach etwas, dass jetzt noch nicht ist, aber einmal sein wird. Es ist keine Sehnsucht nach der guten alten Zeit, sondern nach einer Zeit, die in der Zukunft liegt. Es ist ein Ort, an dem man sagen wird: Alles ist gut.

Paulus beschreibt es als eine Sehnsucht nach einem himmlischen Zuhause, wo wir einmal sein werden. Aber noch ist es nicht soweit. „Unser Leben ist vom Glauben bestimmt, nicht vom Schauen dessen, was kommt.“ (2. Kor. 5, 7) Was bleibt, ist die Sehnsucht nach Heil und Glück in einer Zeit, in der Krieg und Katastrophen die täglichen Nachrichten bestimmen.

Manche Sehnsucht wird gestillt, manche Sehnsucht bleibt. Die Sehnsucht kann wie ein Antrieb sein im Hier und Jetzt zu leben, mit der Hoffnung auf andere, auf gute Zeiten.


Hilke Vollert, Pfarrerin in Börninghausen und Bad Holzhausen