Evangelischer Kirchenkreis Lübbecke

Worte der Besinnung vom 11. März 2023

Pfarrer Friedrich Stork

Gott, der Allmächtige

Er sagt sich so leicht, dieser Satz: „Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erde …“ – doch nicht nur Menschen nach harten Schicksalsschlägen fragen sich, wie sie ihre Erfahrung zusammenbringen mit dem Bekenntnis zum allmächtigen und zugleich gütigen Gott. Manchen von ihnen fällt es schwer, dann dieses Glaubensbekenntnis mitzusprechen.

In welchem Sinne ist Gott „allmächtig“?
Für den Philosophen Hans Jonas hat Gott mit der Erschaffung der Welt und des Menschen bewusst auf einen Teil seiner Allmacht verzichtet – er überließ die Schöpfung der Evolution, die unerschöpfliche Vielfalt hervorbrachte. Dem Menschen gab er Freiheit, auf dass er sie verantwortlich nutze. Gott verfüge zwar, so Jonas, weiterhin über die allein ihm eigene Allmacht, aber er habe sich entschieden, sie nicht gegen die Naturgesetze und gegen des Menschen Freiheit zu brauchen.
Das ist ein interessanter Gedanke – aber tröstet er angesichts des Leides, das etwa aus dem Tod eines Kindes erwächst?

Das Christentum erläutert den Gedanken der Allmacht auf andere Weise: Es bekennt sich zu einem Gott, der selbst als schutzloses Kind in einer Krippe geboren wird und den Menschen in Liebe und Achtsamkeit begegnet. Am Ende stirbt er verlassen am Kreuz. Das ist Gottes Antwort auf die menschlichen Fantasien von unantastbarer, von Leid und allen Einschränkungen unberührter Allmacht.
Gottes Allmacht ist jene Liebe, die am Lebensweg Jesu erkennbar wird und ganz besonders an dessen Ende. Eine Allmacht der Liebe schließt Ohnmacht nicht aus. Im Gegenteil; sie ist dort am stärksten, wo sie am schwächsten scheint: dort, wo scheinbar sinnlos gestorben wird, dort wo gelitten wird; dort ist Gottes Liebe am stärksten. Liebe wird durch den Tod in Schmerz verwandelt, aber eben nicht beendet. Liebe unterliegt nicht. So entsteht diese andere Allmacht: Die Liebe ist nicht zu Ende, wo alles verloren scheint. Vielmehr: Sie geht selbst hinein in die Verzweiflung und am Ende des Weges weist sie einen Anfang.
Der Theologe Eberhard Jüngel hat dies so formuliert: „Gottes Allmacht ist als die Macht seiner Liebe zu verstehen. Nur die Liebe ist allmächtig.“ Oder wie es der Apostel Paulus schreibt: „Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die größte unter ihnen“ [1. Kor 13, 13]. Glaube, Hoffnung, Liebe – in der Passionszeit in diesem Jahr vielleicht besonders wichtig. Nicht nur für uns.


Pfr. Friedrich Stork, Espelkamp