Evangelischer Kirchenkreis Lübbecke

Worte der Besinnung vom 05 November 2022

Prädikantin Miriam Wegener-Kämper

Es ist Anfang November. Von den Temperaturen kaum zu glauben, doch es stimmt.

Damit nimmt die Vorweihnachtszeit Fahrt auf und wer dieser Tage Supermärkte oder Geschäfte mit Spielwaren und Dekorationsartikeln betritt, kann das bestätigen. Die Herbstferien lagen früh in diesem Jahr und so ist auch in den Schulen die Phase bis Weihnachten eingeläutet. Ich sehe, wie sich unser Kalender für die kommenden Wochen stetig füllt, genau wie meine To Do-Liste.

„Mama, ich habe eine Idee zu Weihnachten…“, beginnt meine Tochter und statt sie ausreden zu lassen, sage ich zu ihr: „Schreib einen Wunschzettel!“ Ja, auch so weit sind wir schon wieder gekommen.
Mit einem Wunschzettel, da kann ich arbeiten. „Nichts ist schlimmer, als ohne Wünsche Weihnachtsgeschenke kaufen zu müssen“, denke ich - und schäme mich gleich. Natürlich gibt es Schlimmeres! Gerade in diesem Jahr. Wenn ich ‚im schlimmsten Fall‘ ohne Wunschzettel Geschenke besorgen muss, dann kann ich das nämlich in Frieden und ohne Geldsorgen tun. Und wenn unsere Kinder kaum Wünsche haben, dann bedeutet das schlicht, dass es ihnen an nichts Wichtigem fehlt. Zumindest an nichts, was mit Geld zu bezahlen ist.

Auf die Frage: „Kann ich mir das zu Weihnachten wünschen?“, ist bei uns die Standardantwort „Wünschen darf man sich alles“, und sie geht weiter mit „aber es gehen nicht alle Wünsche in Erfüllung.“ Das betrifft materielle Wünsche - aber natürlich auch die anderen. Die, die man nicht kaufen kann.

Und so bin ich auf einmal irgendwie bei mir und meinem eigenen Wunschzettel angekommen. Dem, den ich nur in Gedanken schreibe. Der, bei dem ich immer wieder Prioritäten verschiebe, durchstreiche und ergänze. Dem, der viele Dinge enthält, auf die ich wenig Einfluss habe. Dem, an den sich das Leben bedauerlicherweise nicht immer hält.
Und trotzdem gibt es ihn, diesen inneren Zettel.

Denn auch wenn ich weiß, dass es keinen Automaten gibt, in den ich oben den Wunsch hineinwerfe und wo unten prompt die Erfüllung herauskommt - Wünschen macht etwas mit mir.
Wünschen hat mit Hoffen zu tun. Wer wünscht, traut der Zukunft etwas zu. Was ich mir wünsche, habe ich nicht aufgegeben - auch wenn es noch so unwahrscheinlich ist. Ein Wunsch kann mich ermutigen, das mir Mögliche zu tun, damit er Wirklichkeit wird.

Ja, Wünsche halten das Herz warm. Egal, wie alt man ist.

Auf meinem Wunschzettel steht zur Zeit ganz oben ‚Frieden‘. Frieden im Großen: der Ukraine, dem Iran und den vielen anderen Krisen- und Kriegsgebieten unserer Welt. Frieden im Kleinen: in unserer Gesellschaft, der Schule, unserer Familie. Und nicht zuletzt: Frieden in und mit mir.

Echten Frieden. Nicht den schnellen, der sich eigentlich nur die Augen zuhält. Sondern den, der Kraft kostet, wenn er fair um eine gute Lösung für alle ringt. Aber der dann trägt.
Fast unmöglich? Kann sein. Aber noch während ich mir Mut mache mit unserem: „Wünschen darf man sich alles!“, höre ich die Toten Hosen: „Es kommt die Zeit, in der das Wünschen wieder hilft. Wünsch dir was!“


Miriam Wegener-Kämper, Prädikantin in Nettelstedt