Evangelischer Kirchenkreis Lübbecke

Worte der Besinnung für den 8. Juni 2019

»Das ist ganz schön leichtsinnig, was du da machst, oder?« Der Blick des Fragenden ist bohrend, der Vorwurf in der Stimme überdeutlich. Wer diese oder eine ähnliche Frage schon einmal gehört hat, weiß, wovon ich spreche. Vielleicht dem Kind etwas erlaubt, was riskant ist. Oder selbst etwas getan, was gewagt, ein bisschen verrückt – oder eben schlicht und einfach leichtsinnig war. Leichtsinn. Was verbinden wir nicht alles mit diesem Begriff: Übermut und Blauäugigkeit, Fahrlässigkeit und Gedankenlosigkeit. Ja, Verantwortungslosigkeit.

Der deutsche Singer-Songwriter Tim Bendzko widmete dem Leichtsinn ein Lied. Im Text heißt es: »Du kannst das Leben leicht nehmen, auch wenn es das nicht ist. Brauchst nur ein bisschen Leichtsinn und du kannst sein, wer du willst. Lass dich nicht täuschen, denn nichts ist das, wofür du es hältst. Was du jetzt bräuchtest, ist ein bisschen Fantasie und der Schleier fällt.«

Komisch – dieser Leichtsinn hört und fühlt sich ganz anders an als der, von dem eben die Rede war. Ich muss gestehen, diesen Leichtsinn hier, den finde ich richtig gut: Das Leben leicht nehmen, an das Mögliche im (scheinbar) Unmöglichen glauben, über den oft so grauen Alltags hinweg sehen – das wäre doch was! Bendzko macht Mut, Leichtigkeit, leichten Sinn, ja, Leicht-Sinn zu wagen – als Gegenpol zur Schwere des Lebens: Es ist viel mehr möglich, als du denkst!

An diesem Wochenende feiern wir Christen Pfingsten. Wir feiern den Geist Gottes, der damals in Jerusalem die Jünger so in Begeisterung versetzt hat, dass mancher Umstehende dachte, sie seinen betrunken. Wir feiern den Geist Gottes, den Jesus Christus, damals wie heute, als Beistand und Tröster zu seinen Freundinnen und Freunden sendet. Und wir feiern den Geist Gottes, der weht, wo er will, der unverfügbar ist – und dennoch präsent und wirksam.

Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber wenn ich an den Geist Gottes denke, dann denke ich vor allem an Leichtigkeit. Nicht leicht im Sinne von leichtfertig oder belanglos, nein, vielmehr denke ich an die Leichtigkeit, die Kinder mit auf die Welt bringen. Ihr tiefes Vertrauen, dass alles möglich ist, lässt sie so manches Mal wirklich Grenzen überwinden: »Alle sagten, das geht nicht. Dann kam einer, der wusste das nicht und hat es einfach gemacht.«

Zugegeben, dem Geist Gottes etwas zuzutrauen, mit seinem Wirken zu rechnen, auch hier und heute, ist ein Wagnis. Nicht, weil er nichts tun kann – sondern vielmehr, weil er nicht zu fassen, nicht beeinflussbar ist. Und weil wir Menschen es doch allzu oft lieber selbst in die Hand nehmen, es so manches Mal mit der Brechstange versuchen, indem wir unsere Beziehungen spielen lassen oder unsere Macht (miss)brauchen.

Ja, das Vertrauen auf das Handeln des Geistes ist ein bisschen wie das bange Betreten einer Eisfläche. Aber dass sich dieser Mut lohnt, das verspricht das Bibelwort zum Pfingstfest: »Es soll nicht durch Heer oder Kraft, sondern durch meinen Geist geschehen, spricht der Herr Zebaoth« (Sacharja 4, 6). Pfingsten lädt uns ein, das Eis zu betreten. Lassen wir uns auf den Geist Gottes ein, lassen wir uns be-Geist-ern! Vertrauen wir darauf, dass das Eis trägt und warten ab, was geschieht.

Mit Anstrengung und Kraft haben wir es doch schon so oft versucht. Wie wäre es also heute mit etwas Neuem, mit ein bisschen Leichtsinn?

 
Prädikantin Miriam Wegener-Kämper, Nettelstedt