Evangelischer Kirchenkreis Lübbecke

Worte der Besinnung für den 30. September 2023

Pfarrerin Kristina Laabs

Neulich hatte eine Bekannte in ihrem Status eine Aussage, die ich nicht unkommentiert stehen lassen wollte. Darin wurde behauptet, dass für die Betreuung von Flüchtlingen mehr Personal zur Verfügung stünde als für die Altenpflege. Bei aller berechtigten Kritik am Pflegenotstand weiß ich aber aus sicherer Quelle, dass auch in den Flüchtlingsheimen der Betreuungsschlüssel sehr zu wünschen übriglässt. Denn mein Sohn arbeitet selbst als Betreuer in einem Flüchtlingsheim und ich frage mich manchmal, wie das wenige Personal es schaffen soll, bei einer Notlage noch den Überblick zu behalten.

Diese Information brachte meine Bekannte zum Nachdenken. Besonders als ich sie darauf aufmerksam machte, dass es sich um Wahlwerbung einer Partei handelt, die sie sonst ablehnt. Das war bei dem Post nicht sofort erkennbar. Diese Partei hatte also eine Aussage über den Pflegenotstand benutzt, um gegen die Flüchtlingsarbeit zu wettern. Weiß man nun nicht über die wahren Hintergründe in der Flüchtlingsarbeit Bescheid, neigt man schnell dazu, dieser Partei Recht zu geben.
Das zeigt wieder einmal, wie vorsichtig wir mit den Aussagen anderer umgehen müssen, wenn sie sich gegen eine Person oder eine Gruppe unserer Gesellschaft richten. Entspricht das Dargestellte wirklich der Wahrheit? Oder ist es nur eine Behauptung, die dazu dienen soll, das eine gegen das andere auszuspielen?

Meine Bekannte hat den Post umgehend gelöscht. So wie ihr ist es bestimmt jedem von uns schon einmal ergangen: Da hat man etwas weitergegeben, was man im Nachhinein bereut, weil man es nicht nachgeprüft hat. Auch mir ist das schon passiert. Peinlich. Aber nach so einer Erfahrung bin ich vorsichtiger und sage nicht weiter, was ich nicht vorher gründlich auf seinen Wahrheitsgehalt geprüft habe. Genau deshalb gibt es auch das achte Gebot: „Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten!“ Ursprünglich diente dieses Gebot dazu, zu verhindern, dass jemand durch eine Falschaussage zu Tode verurteilt wurde.

Doch wenn wir uns heute der Meinung Einzelner oder Parteien anschließen, ohne ihre Aussagen auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen, unterstützen wir dann nicht diejenigen, die Hetze und Rufmord betreiben?

Deshalb ist es so wichtig, das achte Gebot ernst zu nehmen. Und sich genau zu überlegen, wen ich in die Regierung oder den Gemeinderat wähle. Für mich ist ausschlaggebend, womit Gott uns betraut hat: Nämlich füreinander da zu sein. Besonders dann, wenn es aufgrund der angespannten Situation im eigenen Land und in der Welt nicht einfach ist. Gerade jetzt, zum Erntedankfest, wäre es doch gut, wenn wir uns überlegen würden, welche Worte, welche Samen wir weitergeben wollen, damit sie gute Früchte tragen. Wir können Gott für seine Worte nicht genug danken. Denn sie sind der Boden, auf dem gute Ernte wächst.
Ein besinnliches Erntedankfest wünscht Ihnen und Euch


Kristina Laabs,
Pfarrerin in Oberbauerschaft