Evangelischer Kirchenkreis Lübbecke

Worte der Besinnung für den 27. Juli 2019

Pfarrer Bernhard Laabs

Schulwissen: Kohlendioxid(CO2) ist ein farb- und geruchloses Gas – mittlerweile wünsche ich mir, dass CO2 und andere klimaschädliche Stoffe in der Luft knallrot oder pink und undurchsichtig wären – etwa so wie das Wasser des Nils bei den zehn Plagen des Mose. Dann hätten wir bestimmt keine Debatte darüber, ob überhaupt und wenn ja wie viel wir gegen den Klimawandel unternehmen müssten, ob Windräder die Landschaft verspargeln oder die Welt retten, ob unbedingt jedes dritte Provinznest einen Regionalflugplatz haben muss und so weiter, denn jede Klimasünde würde sofort in grellbunten Farben die Sicht vernebeln.

Es gibt ja so Leute, die glauben nur das, was sie sehen. Sie sehen das schnelle Auto und bewundern es. Was aus dem Auspuff kommt, sehen sie ja nicht. Sie ärgern sich über das Windrad am Horizont. An dem klimaneutral erzeugten Strom freuen sie sich nicht. 250 Millionen Jahre haben die Pflanzen gebraucht, um genügend CO2 in Sauerstoff umzuwandeln, dass wir leben können. Und wir buddeln das Zeug aus und verbrennen es – in gerade einmal 250 Jahren und jammern, dass es keinen richtigen Winter mehr gibt. Unsere Nachfahren werden über uns wohl dereinst den Kopf schütteln wie wir es über unsere Ahnen tun, die ihre klügeren Zeitgenossinnen als Hexen verbrannt haben.
Als Christen wissen wir, dass wir nicht alles glauben können, was wir sehen – nicht erst seit virtual reality. Wer nur glaubt, was er sieht, wird manipuliert, über’s Ohr gehauen und über den Tisch gezogen. Wer nur glaubt, was er sieht, wird von den verdeckten Bedrohungen eiskalt überrannt – den erreichen aber auch die verborgenen Freuden nicht. Paul Gerhardt dichtet „Geh aus mein Herz und suche Freud‘“, weil er genau wusste, dass man die Freude hinter der Fassade suchen muss – der Ärger fällt einem meist ungefragt ins Auge und vor die Füße. Gott sieht das Herz an. Gott sieht ins Verborgene. Jesus sagt zu dem Gelähmten nicht „steh auf und geh“ sondern „deine Sünden sind dir vergeben“, weil er das lähmende im Verborgenen wahrnimmt. Die Oberflächlichen sehen sie nicht: die Bedrohungen, Probleme, die Ursachen. Und darum auch nicht die Auswege, die Lösungen, die Heilungen. Und auch nicht die Liebe. Die Hoffnung. Das Vertrauen. Das alles sieht Gott in seiner grenzenlosem Sorge und Liebe. Und ich bete darum, dass er uns in seine Sicht der Dinge mit hineinnimmt – gerade jetzt, wenn die Hitze den Blick auf die Hintergründe trübt. Kommen Sie gut durch den Sommer!


Bernhard Laabs, Pfarrer in Schnathorst