Evangelischer Kirchenkreis Lübbecke

Worte der Besinnung für den 24. August 2019

Frau Mahlzahn ist ein schrecklicher Drache, der in der Drachenstadt Kummerland lebt und dort seine Zeit damit verbringt, kleine Kinder, die ihm die Seeräuber der Wilden 13 gegen scharfen Rum verkaufen, zu unterrichten. Die Kinder müssen angekettet an Steintischen sitzen.

Auch die blütenblattgleiche Prinzessin Li Si, die Tochter des Kaisers von Mandala, ist unter die Fuchtel des Drachen Mahlzahn geraten. Doch Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer können Li Si und die Kinder mithilfe ihrer Lokomotive Emma befreien.
So erzählt es Michael Ende in seinem wunderbaren Kinderbuch „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“. Man kann sich die Geschichte auch noch an diesem und am kommenden Sonntag auf der Freilichtbühne in Nettelstedt anschauen und dort auch Frau Mahlzahn persönlich kennenlernen und bestaunen.
Als Jim und Lukas Frau Mahlzahn überwältigt und in Ketten gelegt haben, stellt sich die Frage: Was tun mit dem bösen Drachen? Jim und Lukas entscheiden, dass der Drache mit muss nach Mandala, wohin sie mit den Kindern und Prinzessin Li Si zurückkehren.
Der Kaiser lässt Frau Mahlzahn in einen gewaltigen Käfig sperren, wo der Drache alsbald einschlafen wird. Ein Jahr lang wird er schlafen, und wenn man ihn nicht stört, so wird er sich in einen Goldenen Drachen der Weisheit verwandeln.
Bevor Frau Mahlzahn vom Schlaf überwältigt wird, lässt sie noch einmal Jim und Lukas rufen. Er bedankt sich bei Jim und Lukas. Wofür? „Dass ihr mich überwunden habt, ohne mich zu töten.“ Denn nur so kann er sich verwandeln.
Ich finde, dass das eine großartige Botschaft ist: Den Bösen überwinden, ohne ihn zu töten.
In manchen Konflikten habe ich mich daran zu orientieren versucht. Jeder kennt wohl andere, die er am liebsten nicht sehen oder auf den Mond schießen möchte; Menschen, die einem gehörig auf die Nerven gehen oder von denen ich mich sogar bedroht fühle. Wie damit umgehen?
Lukas, der Lokomotivführer würde sagen: Überwinden, ohne zu töten. Kämpfen, ohne zu verletzen.
Ganz ähnlich wie die einschlafende Frau Mahlzahn sagt es übrigens auch der Apostel Paulus: Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem. (Römer 12, 21)
Wir leben in rauhen und konfliktreichen Zeiten. Das Böse, Schlechte und Lebensfeindliche einfach hinzunehmen, ist keine Lösung. Aber Menschen, die Hass und Bosheit wie Gift versprühen, selber mit Hass zu begegnen, ist auch kein guter Weg.
Jim und Lukas machen es richtig. Sie überwinden den bösen Drachen, ohne ihn zu töten. Sie überwinden das Böse mit Gutem.
Und so kann aus dem Bösen etwas Gutes werden, vielleicht sogar ein goldener Drache der Weisheit. Gebrauchen könnten wir ihn auf jeden Fall.


Pfarrer Steffen Bäcker, Pfarrer in Bad Holzhausen und Börninghausen