Evangelischer Kirchenkreis Lübbecke

Worte der Besinnung für den 23. Oktober 2021

Pfarrer Jürgen Giszas

„Mein Haus, mein Auto, mein Boot“! – Der Werbespot eines Finanzinstituts bleibt in Erinnerung: Mittels Fotos, die sie selbstbewusst präsentieren, veranschaulichen zwei Geschäftsmänner einander ihre vermeintlichen Erfolge im Berufs- als auch im Privatleben!

Mal Hand aufs Herz: Wer von uns möchte nicht in dem, was sie oder er zuwege bringt, als erfolgreich gelten? Wer hat noch nicht davon geträumt, auf der viel beschworenen Erfolgs- oder Karriereleiter möglichst weit nach oben zu gelangen?

Apropos Traum, apropos Leiter … – Die Bibel stellt uns im Ersten Testament einen jungen Mann vor, dem ein märchenhaft-schöner Traum zuteil wurde. Zuvor hatte er versucht, die viel beschworene Karriereleiter zu erstürmen, möglichst gleich zwei Sprossen auf einmal nehmend. Rücksichtslosigkeit kennzeichnete dabei sein Vorgehen. Am Ende jedoch ist er regelrecht abgestürzt!

Die Rede ist von Jakob, der sich auf hinterhältige Weise von seinem Vater den Erstgeburtssegen erschlichen hat, welcher eigentlich seinem älteren Bruder zugestanden hätte. Ein Segen, der gemäß damaligen Vorstellungen Wohlstand und Wohlergehen in Aussicht stellt. Und obendrein nur einmal erteilt werden kann!

Nun befindet sich Jakob auf der Flucht – vor dem wutschnaubenden Bruder und dem zutiefst enttäuschten Vater. Schwerbelastet vom eigenen Gewissen, wähnt er sich von Gott und aller Welt verlassen. Nachdem die Sonne untergegangen ist, legt er sich völlig erschöpft unter freiem Himmel schlafen.

Im Traum erblickt Jakob eine Leiter, die – auf der Erde stehend – bis in den Himmel reicht. Engel steigen die Sprossen herauf und auch herab. Als gelte es, die Verbindung zwischen Himmel und Erde – die Verbindung zwischen Gott und Mensch – nicht abreißen zu lassen! Und tatsächlich richtet der Betreiber des Lebens und der Liebe, am oberen Rand der Leiter stehend, das Wort an Jakob. Versichert dem verzweifelten Trickbetrüger seine Zuwendung und Fürsorge: „Siehe, ich bin mit dir und will dich behüten, wo du hinziehst, und will dich wieder herbringen in dies Land. Denn ich will dich nicht verlassen, bis ich alles tue, was ich dir zugesagt habe“ (1 Mose 28,15).

Jakob kann – Jakob darf – in Sachen Leben einen Neustart wagen! Getragen vom Segen Gottes! Und sein Vorhaben ist diesmal, so viel darf verraten werden, von Erfolg gekrönt, spätere Versöhnung mit der Familie inklusive!

Jakobs Traum von der Himmelsleiter: eine Ermutigungsgeschichte schlechthin! Wir müssen nicht unseres eigenen Glückes Schmied sein – und schon gar nicht um jeden Preis! Wie aussichtslos die möglicherweise selbst zu verantwortenden Umstände auch erscheinen mögen: Die Verbindung zu Gott reißt nicht ab! „Das Leben versagt sich keinem. / Nur wir versagen uns ihm – / viel zu oft“, meint die weise Lyrikerin Christine Busta. Mit Blick auf die Himmelsleiter möchte ich diesen Leuchtgedanken so buchstabieren: Der Himmel verschließt sich keinem; nur wir verschließen uns ihm – viel zu oft!

Aber das muss ja nicht so bleiben: Tun wir es einfach den Engeln gleich – und setzen unseren Fuß nicht auf die Karriere-, sondern auf die Himmelsleiter!


Pfarrer Jürgen Giszas