Evangelischer Kirchenkreis Lübbecke

Worte der Besinnung für den 23. März 2019

Pastor Herbert Müller

„Es macht die Wüste schön“, sagte der kleine Prinz, „dass sie irgendwo einen Brunnen verbirgt.“ - Ich war noch nicht in der Wüste - nicht wirklich. In der Wüste wächst kein Baum, steht kein Haus, wird kein Feld bestellt. In der Wüste lenkt nichts ab - und plötzlich stehe ich vor tiefen Lebensfragen. Die ich nicht beantworten kann, und die mich trotzdem bedrängen. Elia flieht in die Wüste und begegnet Gott. Hagar wurde in die Wüste geschickt - kennen Sie so etwas? Das ist nicht nett. Jesus geht freiwillig in die Wüste und fastet, damit er sich über seinen Weg klar wird. Und wenn wir keinen Zugang zum Leben finden, können wir fasten. Vielleicht finden wir dabei einen Brunnen, der die Wüste schön macht.
Zwischen Kadesch und Bared am Wege Schur liegt der „Brunnen des Lebendigen, der mich sieht“. Mitten in der Wüste. Hagar wurde gedemütigt und floh dorthin, hatte Wasser zum Überleben. Und Zeit. Da kam die Frage zu ihr: „Wo kommst du her? - und wo willst du hin?“ Und dann empfing sie die klare Botschaft: ‚Geh zurück, finde dich in deine Lebenssituation ein. Stolz ist Dummheit - hier wirst du verhungern.ʻ

Ist das alles, was Gott sagt? Nein, zu der ernüchternden Wahrheit kommt die gleichfalls nüchterne Wahrnehmung ihres Wertes. ‚Du bist schwanger, trägst neues Leben in dir. Das ist mehr, als deine unbequeme Chefin hat.ʻ Neues Leben! Das ist doch eine Perspektive, es gibt Hoffnung! Gerät Hagar ins Träumen? ‚Ich will deinen Nachkommen sosehr vermehren, dass man sein Volk nicht mehr zählen kann! - Nenne ihn Ismael, denn Gott hat dein Klagen erhört. Er wird ein wilder Mensch sein: er gegen alle und alle gegen ihn. Aber er wird sich behaupten gegenüber den anderen.ʻ Hagar, die Stammmutter der Araber. Wie eine Berufung kam es über sie, was sie in der Wüste gehört hatte. Und es ist eingetroffen.
Hagar erkennt: Das stammt nicht aus mir. Da hat mich jemand gesehen und beachtet. Mein überhebliches Konkurrenzverhalten, meine Kurzschlusshandlung, mein Klagen. Aber auch meine Ressourcen, das Leben in mir. Und sie betet an: „Du bist der Gott, der mich sieht.“ Und geht zurück in ihre komplizierte Lebenssituation. Sie wird noch einmal in die Wüste geschickt werden, an ihre Grenzen kommen. Aber diese Botschaft ist wahr geworden. Gehört in der Wüste, beim Verzicht. Aufgenommen mit einem glaubendem Herzen. Festgehalten in schwieriger Zeit. - Das macht die Wüste schön, dass sie einen offenen Himmel hat.


Herbert Müller, Pastor, Evangelisch-Freikirchliche Gemeinde Lübbecke