Evangelischer Kirchenkreis Lübbecke

Worte der Besinnung für den 18. Januar 2020

„Die große Dürre“, Thema des Bibeltextes, der für den morgigen Sonntag vorgesehen ist. Und ab Ende Januar wieder auf Sendung. Dann sucht Heidi Klum wieder „Germanys next Topmodel“. Wenn Ihnen also demnächst dieses Kürzel begegnet: GNTM, dann ist das weder ein neuer Mobilfunkstandard, noch eine neue Bezeichnung für wer mit wem wie LGBTQ*, sondern die Abkürzung für eine der einflussreichsten Sendungen im deutschen Fernsehen. Über die Hälfte der weiblichen Jugendlichen in Deutschland guckt das und ist Fan der großen Dürren.

Bei der biblischen großen Dürre geht es um rissige Böden, Hitze- und Trockenwellen und verendende Tiere. Australien steht mir da unmittelbar vor Augen. Und gegen Ende der Textpassage kommt – schon wieder eine Gemeinsamkeit mit GNTM. In der Bibel heißt es: „Unsere Sünden verklagen uns“. So geschraubt würde Heidi Klum im Fernsehen nicht unbedingt reden, aber auch bei ihr geht es ständig um Sünden: Fashionsünden. Ernährungssünden. Stylesünden. Beautysünden.

Egal ob „Modesünde“ oder „Klimasünde“– beides hat erst mal wenig mit Gott oder dem Glauben zu tun. In der Bibel bezeichnet „Sünde“ das, was mich von Gott trennt. Es ist aber auch kein Wunder, dass das Wort „Sünde“ selten richtig gebraucht wird: Was die Kirche manches Mal in ihrer Geschichte und bis heute unter „Sünde“ verbucht und vermarktet, hat damit wenig zu tun. Und vieles von dem, was sie getan hat, jede Menge.

„Unsere Sünden verklagen uns.“ Das Volk Israel beobachtet vor 2600 Jahren entsetzt, wie die Natur zugrunde geht. Schuldige sind schnell ausgemacht: Sie sind es selbst. Wegen ihrer Sünden, so sagen sie. Sie haben sich von ihrer eigenen Lebensgrundlage, von Gott, selbst abgeschnitten und da ist es für sie nur folgerichtig, dass alles den Bach runtergeht, wenn er denn noch fließen würde. „Unsere Sünden verklagen uns.“ Auch 2020 werden junge Frauen verzweifeln, weil sie bei GNTM kein Foto bekommen, die Eintrittskarte in die nächste Runde. Sie werden die Schuld bei sich selber suchen und finden, da sie sich von ihrer Lebensgrundlage, der Fähigkeit in den richtigen Schuhen zum richtigen Kleid anständig geradeaus zu laufen, selbst abgeschnitten haben. Nun ist das nicht meine Welt, aber es ist eine Welt, und zwar eine legitime. Sollen sie das doch als Lebensgrundlage sehen, wenn niemand zu Schaden kommt. Einzig wenn ich mir was wünschen dürfte, dann dass die eine Dürre ihre erhebliche Medien-Reichweite nutzt und auf die andere Dürre in Australien und anderswo aufmerksam macht und wie sie zustandekam.


Pfarrer Dr. Sebastian Kuhlmann