Evangelischer Kirchenkreis Lübbecke

Worte der Besinnung für den 16. Oktober 2021

Pfarrer Jens Weber

Liebe Leserinnen, liebe Leser!

In den Nachrichten scheinen schlechte Meldungen eine große Rolle zu spielen. Man liest nur von Fachkräftemangel, Pandora-Papers, Taliban, Pflegenotstand, von Corona-Maßnahmen und deren Gegnern. Das kann einem schon Furcht machen. Wie so vieles andere auch in der Welt.
Am Mittwoch war der schöne Zuspruch an Paulus „Fürchte dich nicht“ unsere Tageslosung. Wenn wir die Bibel aufschlagen und mal nachzählen würden, dann finden wir den Satz „Fürchte dich nicht“ etwa 80x darin. Wie ein roter Faden zieht sich dieser Zuspruch durch die ganze Bibel.
Offenbar gehört Angst zu den Grundbefindlichkeiten der Menschen. Jede und jeder von uns weiß, wie es ist, Furcht zu haben.
Wovor ängstigen Sie sich? Wo spüren Sie den Geist der Furcht in Ihrem Leben?
Wir kennen alle Ängste, mit denen wir eigentlich gut leben können, etwa Höhenangst, oder die Angst vor Hunden.
Geist der Furcht – das sind die Ängste, die uns stark beeinflussen, die uns bestimmen und die uns hilflos machen. Solche Ängste können ganz vielfältig sein: Die Angst vor der Dunkelheit. Das unerträgliche Herzklopfen beim Warten auf die Diagnose. Die Angst um unsere Lieben und die Angst, sie zu verlieren. Die Angst vor dem Verlust der Arbeitsstelle. Die Angst vor den rasanten Umwälzungen in unserer Gesellschaft und dem globalen Chaos in der Welt. Die Angst, das eigene Leben nicht mehr in der Hand zu haben. Die Angst, vergesslich zu werden. Die Angst vor dem Corona-Virus. Und nicht zuletzt die Angst vor dem Tod.
Bei dem Zuspruch „Fürchte dich nicht“ geht es nicht darum, die Angst einfach weg zu machen. Das funktioniert nicht. Es geht darum, ihr die Grenzen zu zeigen, ihr den Anspruch auf unser Leben streitig zu machen. Sie nicht überhand nehmen zu lassen. Denn das ist die Gefahr bei der Angst: Dass sie immer noch größer wird, dass man aus lauter Angst vor der Angst noch mehr Angst bekommt. Angst kann wie ein Gefängnis sein, in das wir uns einschließen und in dem wir keinerlei Ausweg mehr sehen können.
Um den Geist der Furcht in die Grenzen zu weisen, braucht es viel. Ein saloppes „Hab keine Angst!“ reicht da nicht. Es gibt ein klares Gegenwort:
„Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit.“
In unserem Vers werden verschiedene Dinge der Angst entgegengesetzt: Das sind Kraft, Liebe und Besonnenheit.
Kraft bekommen wir aus der Begegnung mit anderen Menschen, die uns gut tun, die uns annehmen wie wir sind. Die uns trösten und wieder aufbauen.
Gott gibt uns den Geist der Liebe: Das klingt ebenfalls nach Gemeinschaft, Verbundenheit, Beziehung. Ich muss mich nicht zurückziehen, sondern ich kann auf andere zugehen, meine Ängste mitteilen, trösten und getröstet werden.
Und Gott gibt uns den Geist der Besonnenheit. Der ist im Moment jetzt besonders wichtig, in den Corona-Zeiten. Denn wir brauchen nicht in Hysterie oder gar Panik zu verfallen.
Also, wenn uns wieder eine Angst überfällt, dann sagen wir uns diesen Spruch vor: „Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit.“
Die Angst ist dann vielleicht nicht weg, aber in ihre Schranken gewiesen



Jens Weber, Pfarrer in Hüllhorst