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Wie geht das: aufeinander hören?
Eine der schönsten Herausforderungen in der Musik ist es, andere zu begleiten. Ich sitze am Klavier und begleite eine Sängerin. Dann spiele ich nicht nur meinen Part, sondern muss auf sie hören. Das klingt nach Unterordnung, tun, was von mir erwartet wird, nicht selbstbestimmt agieren. Begleitung in der Musik aber verlangt von mir tatsächlich Eigenständigkeit, auch eigenen Gestaltungswillen. Es klänge langweilig, würde ich mich in meiner Begleitung einfach nur versuchen unterzuordnen. Nein, ich bin Partner auf Augenhöhe, gestalte mit. Klar, ich diene dem Ganzen, aber ich gebe mich nicht auf. Ich frage zwar immer, „bin ich zu laut?“, aber mein Part bleibt hörbar und ist entscheidend für das Gelingen der Darbietung. Und dann gibt es noch ein Geheimnis guter Begleitung: Gesang und meine Begleitung erklingen ja gleichzeitig. Ich muss also in mir vorwegnehmen, was gleich erklingen wird. Ich muss sozusagen hineinschlüpfen in die Vorstellung der Solistin und sie mir zu eigen machen. Aber, weil es ja gleichzeitig geschieht, spiele ich so, als ob es von mir selbst kommt, was ich da spiele. Man ahnt vielleicht, dass es sich um eine sehr anspruchsvolle Aufgabe handelt. Aufeinander zu hören ist eine anspruchsvolle Aufgabe. Und sie hängt auch an der Beziehung zwischen dem Solisten und Begleiter. Nicht blinder Gehorsam, keine Willfährigkeit oder Hörigkeit ist gefragt, aber ganzes Ernstnehmen meines Gegenübers.
Die Beziehung zwischen Gott und Mensch wird in unterschiedlichen Bildern zum Ausdruck gebracht. Manche nennen Gott „Herr“. Andere beschreiben Gott als guten Freund. Oder er ist mein Beschützer. Oft hören wir auch, dass Gott mich begleitet und an meiner Seite ist. Mir gefällt die Vorstellung, dass es genau umgekehrt ist: ich bin Gottes Begleiter. Und wenn ich ein guter Begleiter bin, gelingt es mir, auf Gott zu hören. Eigentümlicherweise hören wir auf Gott im Gebet. Da spreche ich zwar selbst und ich bin – wie in der Musik – ganz ich selbst, aber ich lasse mich eben ein auf mein Gegenüber, meine Worte kommen aus der Beziehung zu Gott, ich höre auf ihn.
Ich kehre zurück ans Klavier. Für den Zuhörer soll der Gesang und meine Begleitung zu einer Einheit werden. Der Gesang klänge ohne Begleitung unfertig und eine schlechte Begleitung hat etwas Zerstörerisches. Nur mit der Begleitung zusammen kommt die ganze Schönheit der Musik zur Geltung.
Im Blick auf unsere Beziehung zu Gott ist das der alte Traum: mit ihm eines werden und die Schönheit des Glaubens wahr werden lassen.