Evangelischer Kirchenkreis Lübbecke

Worte der Besinnung für den 12. Januar 2019

Pfarrerin Katharina Blöbaum

Papa, wann sind wir endlich da? Wenn man mit Kinder unterwegs ist, kann man oft hören wie dieser Satz von den hinteren Sitzen ertönt. Diesen Satz haben Sie vielleicht schon hundert mal gehört. Vermutlich haben Sie ihn auch selbst gesagt, als Sie noch klein waren und Ihnen der Weg ans Ziel unendlich erschien.

Wann sind wir endlich da? Wann ist es endlich soweit? Wie lange noch? Ungeduldig und voller Erwartung sind Kinder oft. Mit dem Blick nach vorn gerichtet, in die Zukunft, die Augen auf dem nächsten Ziel, das vielleicht noch gar nicht in Sichtweite ist. Unterwegs sein und ans Ziel wollen – Ankommen an den kleinen Ziele und den ganz großen Meilensteine des Lebens. Am Beginn eines neuen Jahres kennen viele Menschen das. Mit guten Vorsätzen und neuen Zielen gehen sie mutig und voller Tatendrang ins frisch geschlüpfte Jahr, den Blick fest auf das Ziel gerichtet.

Wann ist es geschafft? Wann ist es endlich erreicht? Wann bin ich fertig? Und was, wenn ich auf halber Strecke schlapp mache? Wenn ich irgendwann feststelle, dass die gesteckten Ziele unerreichbar sind? Was, wenn die Zuversicht mich verlässt? Wenn mein(e) Vorhaben irgendwo zwischen angefangen und halb fertig stecken bleiben und alles oben in der Schublade mit der Aufschrift »Nicht erreicht« landet?

Martin Luther hat einmal gesagt, dass wir im Leben sowieso nie fertig werden. Natürlich sagt er das nicht so schmucklos. Er sagt es länger und schöner. Nämlich so: »Das Leben ist nicht ein Frommsein, sondern ein Frommwerden, nicht ein Gesundsein, sondern ein Gesundwerden, nicht ein Sein, sondern ein Werden, nicht eine Ruhe, sondern eine Übung. Wir sind’s noch nicht, wir werden’s aber. Es ist noch nicht getan oder geschehen, es ist aber im Gang und im Schwang. Es ist nicht das Ende, es ist aber der Weg.«

Wir müssen in unserem Leben nicht auf selbst gesteckte Ziele hinarbeiten und resignieren, wenn wir sie aus irgendwelchen Gründen nicht umsetzten. Gott sorgt dafür, dass es immer wieder neue Möglichkeiten in unserem Leben gibt. Gott sorgt dafür, dass unser Leben offen bleibt. Unser Leben wird nicht fertig, solange wir leben. Und auch wir als Person sind nicht an irgendeinem Zeitpunkt unseres Lebens »fertig« und müssen so bleiben, wie wir es da gewesen sind.

Das ist das Schöne am Leben: Das alles ist nicht fertig, nicht abgeschlossen. Es ist ein offenes Kunstwerk, dem wir immer wieder Pinselstrich und Farbe hinzufügen können.

Es bleibt überraschend, es lässt sich verändern und wird immer wieder neu.


Pfarrerin Katharina Blöbaum