Evangelischer Kirchenkreis Lübbecke

Worte der Besinnung für den 11. Januar 2020

Mal wieder ‚last minute‘. Ich hatte noch keinen Kalender für das Büro. Für wichtige Geburtstage. Und dekorativ sollte er auch sein an der Wand. Nicht immer bestraft das Leben den, der zu spät kommt. Ich habe noch einen richtig schönen ergattert. Ein Bild für jeden Monat unter der Überschrift ‚Wege‘. Keine Worte – nur Bilder. Eigentlich sollte er nur schön aussehen. So mit spektakulären Wegstücken vor imposanter Hochgebirgskulisse. Fernweh inklusive. Tatsächlich - Solche Bilder sind auch dabei.
Aber beim Durchblättern des Kalenders kam noch ganz Anderes bei mir zum Vorschein. Schon im Januar. Der Weg dort: Die Spur eines Menschen im Neuschnee. Lange nicht gesehen. Ein bisschen Sehnsucht kommt ja schon auf nach Schnee, der die Welt verzaubert. Auch das nicht so Schöne gnädig zudeckt. Eine Schülerin sehe ich vor mir, die bei der großen Fridays-For –Future-Demo ein Schild hochhält: ‚Papa, erzähl mir, was Schnee ist.‘ Sicher – nicht jeder schneefreie Januar ist schon ein ganzer Klimawandel. Aber zusammen mit den verheerenden Feuern auf der anderen Seite der Erde wird schon ein beängstigendes Bild daraus. Wir müssen uns auf den richtigen Weg machen, konsequenter noch.
Wie eine Illustration dieses Gedankens ist das Bild zum April. Der Weg dort sind Reifenspuren in einer Wüstenlandschaft. Sieht spektakulär aus, aber mir kommt in den Sinn, wie ungewöhnlich unsere Küsterin die Kirche zum letzten Erntedankfest geschmückt hat. Unter der Kanzel reiche Gaben und bunte Früchte, aber rund um das Taufbecken wie eine Mahnung und ein Erschrecken, vertrocknete Pflanzen, Zeugen vom Mangel an Wasser und die Erinnerung daran, dieses wertvolle Gut nicht zu verschwenden.
Wertvoll. Als ich nochmal zurückblättere und mir der Februar in den Blick kommt, fällt es mir ein dieses Wort: Wertvoll. Ein Weg durch die Dünen ist zu sehen, wahrscheinlich auf einer Nordseeinsel. Es waren berührende Worte bei einem Trauergespräch. ‚Wir hatten noch ein paar schöne wertvolle Tage am Meer, als wir schon wussten, dass es unsere letzte gemeinsame Reise sein könnte.‘ Trauer und Trost aus der Erinnerung an die Wege des Lebens, die wirklich wichtig waren und sind. Mir fallen andere Gespräche ein, in denen Menschen mir traurig, dankbar, getröstet oder liebevoll von den besonderen Wegen ihres Lebens erzählt haben.
Dann das Bild vom Mai. Ein kleiner Hügel. Ein mit Kies bestreuter Weg führt zu einer Kirche. Ganz klassisch und heimelig mit Zwiebelturm. Wie wäre es denn, wenn die Wege in 2020 hin und wieder oder ruhig öfter zu einer Kirche führen würden. Die möchte doch ein Ort sein, an dem Platz ist für die Sorgen, die Sehnsucht, die Trauer, den Trost, den Mut zur Zukunft, und auch den Einsatz für eine bessere Welt. Weil wir da ganz besonders – mit anderen zusammen - dem nahe sind, von dem die Bibel sagt, dass er alle unsere Wege kennt. Gott.

Seien sie von ihm behütet auf allen ihren Wegen im noch jungen Jahr 2020. Ihr Christoph Ovesiek.


Christoph Ovesiek, Pfarrer der Ev.-Luth. Kirchengemeinde Schnathorst/ Pfarrbezirk Tengern