Evangelischer Kirchenkreis Lübbecke

Worte der Besinnung für den 10. April 2021

Pfarrer Hagen Schillig

Jetzt geht´s los!
Ich spüre das!
Ich wünsch mir das!

Und draußen vor meiner Tür ist es auch schon bereits zu sehen!
Letzte Woche - quasi über Nacht.
Gestern noch war der große Baum dürr, nackt und kahl.
Und dann - am nächsten Morgen: Zarte grüne Spitzen.
Unscheinbar.
Inzwischen sind sie zu kräftigen Farbtupfern an allen Zweigen herangewachsen.
Unübersehbar.

Neue Hoffnung! Frischer Mut!

Davon erzählt auch der Sonntag morgen, der "weiße Sonntag".
Der erste Sonntag der Osterzeit,
der mit schwerem lateinischen Namen "Quasimodogeniti" heißt:
"Wie die neugeborenen Kinder"

Alle, die auf den Herrn hoffen,
bekommen neue Kraft.
Sie fliegen dahin wie Adler.
Sie rennen und werden nicht matt,
sie laufen und werden nicht müde.
(Jesaja 40, 31 - BasisBibel)

"Wie Adler"!
Ich erinnere mich genau - wie heute!
Es war mein erster Schultag. 1974.
Mit gelbem Tornister und großer Schultüte
saß ich I-Männchen in der großen Kirche,
die mir etwas duster und schummrig erschien.
Der Pfarrer wollte wohl uns Schulanfängern Mut machen.
Er sprach davon, dass auch kleine Adler-Kinder aus dem Nest gestupst werden
und fliegen lernen müssen.
Als 6jährigem Jungen leuchtete mir dieser Vergleich überhaupt nicht ein.
Ich flüsterte meiner Mutter fragend zu: "Aber ich bin doch kein Adler!?"

Und heute?
Bin ich heute ein Adler?

Eins ist klar:
Mein Leben ist längst nicht nur ein einziger Höhenflug gewesen.
Ich habe keineswegs immer Rückenwind verspürt.

Über manche Strecke ist auch mein Leben schon ganz schön ins Trudeln geraten.
Turbulenzen! Ohne Aufwind blieb es schwer!

Und auch ich musste durchaus manches Mal sehr heftig flattern und kräftig mit den Flügeln schlagen,
um oben zu bleiben und nicht unterzugehen, um nicht runterzufallen.
Das war anstrengend und kräftezehrend!
Ich fühlte mich echt "müde und matt"

Ereignisse erinnere ich, die nicht beflügeln,
und Erlebnisse, die ganz und gar nicht in Schwung bringen.

Statt Rückenwind galt es, Sturm zu überwinden. Das kennt jede und jeder von uns.
Manchesmal hab auch ich ganz arg meine Flügel hängen lassen.

Von "kräftigen Schwingen" keine Spur! Kein ruhiges, sicheres Gleiten in luftigen Höhen.
Eher ein banges Suchen: Wo bleibt der Auftrieb?
Ein ängstliches Fragen: Wann kommt der Aufwind?

Aber - immerhin: Vor einem krassen Absturz bin ich bewahrt geblieben. Bisher.
Gott sei Dank!

Darum singe ich bis heute so gerne mit Paul Gerhardts Worten (EG 317, 2):
Lobe den Herren, der alles so herrlich regieret,
der dich auf Adelers Fittichen sicher geführet.

Gottes Prophet hat den Menschen seiner Zeit Hoffnung vermittelt und Mut zugesprochen.
Trost und Zuversicht.
Das hatten sie auch bitter nötig.
Es war eine schlimme, bedrohliche Zeit.
Auch damals - vor fast 3000 Jahren - hätten sich die Menschen
ein ruhigeres, sichereres und friedlicheres Leben gewünscht.
Auch sie hatten viele Probleme zu lösen und Gefahren zu bestehen.
Nach schlimmster Niederlage wünschten sie sich Kraft und Stärke
und sehnten sich nach einem neuen Anfang.
Jesaja verheißt Ihnen, dass Gott mit Ihnen ist in aller Ratlosigkeit
und Hilflosigkeit.
Gott wird Rat und Hilfe schicken und "neue Kraft".
Gott lässt uns nicht im Stich!
Da, wo wir zunächst nur Ausweglosigkeit sehen,
zeigt er ungeahnte Möglichkeiten auf.

Gott schenkt einen neuen Anfang!

Jetzt geht´s los!
Ich spüre das!
Ich wünsch mir das!
Und:
Ich glaube das!

Eine gesegnete Osterzeit
wünscht Ihnen allen
Pfarrer Hagen Schillig


Pfarrer Hagen Schillig