Evangelischer Kirchenkreis Lübbecke

Worte der Besinnung für den 08. August 2020

Pfarrerin Britta Mailänder

„Matheo“, rufe ich, „bist du unter dem Tisch?“ „Nein“, kommt es zurück.
„Bist du im Zelt?“ „Nein!“
„Bist du vielleicht im Schrank?“ Die Schranktür öffnet sich langsam einen Spaltbreit und eine kleine Hand streckt sich mir winkend entgegen. „Ja!“
Matheo kann heute nicht in den Kindergarten gehen: Seit gestern Nachmittag läuft die Nase. Und das ist dann doch schwierig in Corona-Zeiten. Seine Eltern müssen aber heute auf alle Fälle arbeiten. Ob ich vielleicht…? Ich kann. Und so verbringe ich fünf Stunden mit Verstecken spielen, Bücher anschauen, Kuscheln im Indianerzelt, Turm bauen, Trecker bestaunen, Windeln wechseln, Nase putzen… Ich lasse mich bereitwillig mit Cashewkernen füttern – und ich bin selig!
Szenenwechsel.
Schon lange haben wir uns nicht gesehen. Nun sitzen wir im Garten in kleiner Runde. Und wir teilen Wein und Fisch, Zaziki und Brot. Und Geschichten:
Vom Leben mit dem an Demenz erkrankten Vater. Von der ersten Fahrstunde nach jahrzehntelanger Abstinenz. Wie es gelingen könnte, den Lebensmittelpunkt vom Rheinland nach Ostwestfalen zu verlagern. Von den ersten Schritten der Kinder nach der Schule in Richtung Beruf: Ratlos oft, mit Stolpern und auch manchem Umweg.
In ihrem Blog #himmelwärts schreibt die Pfarrerin Sabrina Hoppe, dass sie in einer Kirche arbeiten möchte, die um ihr Leben kämpft. Und die weiß, dass alle um ihr Leben kämpfen und das auch sagt.
„Du hast Dein Bestes getan. Immer wieder hast Du gekämpft und gelacht und wieder von vorne angefangen. Und deshalb muss nichts davon gelöscht oder zurechtgebogen werden.“
Da ist was dran, finde ich.
Und zugleich empfinde ich mit jeder Faser meines Herzens Hochachtung für die Eltern und ihr Bemühen, das Beste zu tun und zu geben für ihre Kinder. Für die, die eine Beziehung nicht aufgeben, auch wenn sie sich verändert. Auch wenn´s schwierig wird.
Für all die, die sich drauf einlassen: Auf´s Leben – mit all seinen Höhen und Tiefen, seinen Umwegen und Sackgassen – und alldem, was es dabei zu tragen und zu entdecken gibt.

„Dass es gut wird.
Dass das Leben gelingt.
Dass mich jemand mag und auf mich setzt.
Dass ich Kraft habe wie ein Tiger.
Dass sich jemand ins Zeug wirft für mich.
Dass ich eine Heimat habe, überall auf der Welt.
Dass ich, wenn ich traurig bin, nicht allein bin.
Dass ich immer neu anfangen kann.
Dass ich hoffen darf – und losgehe.
Bei Gott garantiert.“ (Susanne Niemeyer)

Davon lebe ich.


Britta Mailänder
Pfarrerin in der Kirchengemeinde Nettelstedt
Seelsorgerin im Evangelischen Alten- und Pflegeheim am Kirchplatz und im Hospiz veritas, Lübbecke