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Evangelischer Kirchenkreis Lübbecke
Wie die Träumenden
Den Sommer verbringt sie hoch oben auf der Alm. Ohne Strom, ohne warmes Wasser, ohne Dusche. Aber mit Kühen, Hühnern und Schweinen. Mit „Viecher zählen“, füttern, Stall sauber machen, Brotbacken, Kräutersuchen, Selbstversorgung. Kaum Menschen.
Drei bis vier Monate lang. Und das schon seit fast 10 Jahren.
Im Tal arbeitet sie als Krankenschwester bei einem Mobilen Pflegedienst. Ist der knappen Taktung der festgelegten Zeitfenster unterworfen.
Die Alm ist der Ort, wo sie zu sich kommt, eingebunden in den Takt der Natur, der Ort, wo sich Herz und Seele weiten, wo sie Kraft sammeln kann für das Leben im Tal.
„… so werden wir sein wie die Träumenden.“ (Psalm 126,1)
Jeden Sonntag schießt er mit einem seiner Flugfahrräder die Hügel hinab, tritt wie ein Irrer in die Pedale und jagt seinem Traum hinterher: Endlich abzuheben und zu fliegen. Einfach nur zu fliegen.
Vielleicht war es dieser Traum vom Fliegen, der ihn durch die Zeit gerettet hat.
Lange, lange Zeit seines Lebens verbrachte er in der Psychiatrie. In jeder freien Minute zeichnet er. Fantastische Fluggeräte, wahnwitzige Konstruktionen, Baupläne. Hunderte und aberhunderte Zettel mit Zeichnungen und Anleitungen. Der Traum vom Fliegen lässt seine Finger immer weiter mit dem Stift über die Blätter huschen.
Nach 35 Jahren wird er in ein selbstbestimmtes Leben entlassen.
Mit Hingabe baut er Tag für Tag an seinen Flugfahrrädern.
Tüftelt, zeichnet, schraubt, spannt Flügel.
Jeden Sonntag macht er sich auf zu dem Hügel in der Nähe seines Dorfes. Mit dabei eines seiner Fluggeräte. Und dann schießt er lachend den Berg hinab. Weil er jedes Mal so dicht dran ist, an seinem Traum zu fliegen.
Freunde kommen auf die Idee, sein Werk einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Ausstellungen in Ulm, Wien, Lausanne und anderswo begeistern die Menschen. Eines seiner Flugfahrräder steht im Deutschen Pavillon auf der Expo Weltausstellung in Sevilla. Thema dort: „Der Traum vom Fliegen“.
„… so werden wir sein wie die Träumenden.“
Eines meiner Lieblingslieder erzählt von einem Traum von Kirche. Mit einer beschwingten Walzer-Melodie lockt es zum Tanz und besingt eine Kirche wie ein Baum, und die Vögel bauen Nester in seinen Zweigen. Ein Ort, an dem Freude und Fest sich treffen, an dem Gerechtigkeit, Liebe und Barmherzigkeit spürbar sind. Zufluchtsort für müde Pilger.
„… so werden wir sein wie die Träumenden.“
Wovon träumst du,
wenn du im Gras liegst und nichts siehst als die Wolken?
Was treibt dich an?
Immer und immer weiter zu machen?
Was kritzelst du mit deinem Kugelschreiber auf den Rand des Blattes?
Welche Geheimnisse wohnen in den Linien, die niemand kennt außer dir?
Wohin möchtest du dich auf den Weg machen?
Welche Länder sehen weit unter dir?
Welchen Himmel spüren?
„Wenn der Herr die Gefangenen Zions erlösen wird, so werden wir sein wie die Träumenden.“
