Evangelischer Kirchenkreis Lübbecke

Worte der Besinnung für den 06. Juli 2019

Ein afrikanisches Sprichwort sagt:“ Es gibt auf Erden drei Diebe: Der eine ist die Antwort: Ich weiß es nicht! Der andere ist die Antwort: Ich bin es nicht! Der dritte ist die Antwort: Das geht mich nichts an! Es sollte uns aber etwas angehen, wenn gerade Menschen, die sich von Berufs wegen um die Allgemeinheit kümmern wie Feuerwehrleute, Polizei und Politiker/innen nicht nur beleidigende Anrufe und Mails erhalten, sondern vor Morddrohungen und Tätlichkeiten auch nicht Halt gemacht wird. Und das meist unter Decknamen oder anonym! Wieviel zusätzliche Nervenkraft braucht es da, um mit der Familie weiter normal zu leben und sich nicht ängstlich zu verkriechen.
Ja, auch in der Bibel ist von Krieg, von Mord und Bruderhass die Rede. Jakob war ein Betrüger, Paulus war ein Mörder, Jona lief vor Gott weg, Thomas war ein Zweifler…..Aber im Gegensatz zu unserer Welt gibt es in den biblischen Geschichten immer auch eine Vision, wie es sein könnte auf unserer Erde, wie friedliches Zusammenleben höchst unterschiedlicher Menschen gelingen könnte. Und manchmal besinnt sich jemand und ändert sich – so wie Paulus, der zum Wanderprediger und Briefeschreiber wurde und den christlichen Glauben so auch nach Europa brachte. Und ansatzweise gelingt es dann, in Frieden miteinander zu leben oder sich wenigstens täglich neu darum zu bemühen.
Auch dazu liefern biblische Geschichten und Lebensregeln Hinweise. In den Losungsheften gibt es für jeden Tag ein Wort aus dem Alten Testament und ein dazu passendes aus dem Neuen Testament. Auch für jede Woche und jeden Monat gibt es ein Bibelwort. Das Wort für den Monat Juli steht im Jakobusbrief Kap1 Vers19 ganz hinten im NT: „Ein jeder Mensch sei schnell zum Hören, langsam zum Reden, langsam zum Zorn“.
Dieser Vers lädt uns zur Achtsamkeit und Langsamkeit im Gespräch ein. Zuerst hören, genau hinhören, aufmerksam hinhören, notfalls fragen, ob alles richtig verstanden wurde. Dasselbe Wort kann bei zwei Menschen, die sehr Unterschiedliches erlebt haben, ganz andere Gedanken auslösen. Wer frisch verliebt ist, wird über die Liebe ganz anders reden als jemand, der gerade eine große Enttäuschung hinter sich hat. Wer viel gereist und in der Welt herumgekommen ist, hat mehr an Denkweisen,Essensvarianten, Kleidung und Gebräuchen bei anderen Menschen kennengelernt als jemand, der gern im eigenen Bundesland bleibt. Beides hat Vorzüge und Nachteile. Aber darf Verschiedenheit von Menschen jemanden dazu berechtigen, feige aus dem Hinterhalt anders Denkende zu bedrohen? Noch dazu oft anonym? Warum soll unsere schöne, bunte Welt in ihrer Vielfalt eingegrenzt werden?
Jeder und jede ist einzigartig als Mensch, und vom jedem kann man etwas für sich selbst lernen. Bei fremden Früchten und Gemüsesorten sind wir im Probieren doch auch nicht zimperlich. Und wenn man wirklich mal auf jemanden so richtig wütend ist: Besser eine Nacht drüber schlafen, bevor ich meinen Zorn entlade. Dann ist er vielleicht gar nicht mehr so groß. Sachliche Kritik ist viel hilfreicher und wird auch leichter angenommen. Aber es gibt kein Recht, überhaupt kein Recht, anderen Menschen nach dem Leben zu trachten, nur weil sie anderer Meinung sind als wir. Und die Menschen, die wir dringend zur Gestaltung und Bewahrung unseres Zusammenlebens brauchen, haben alle Kraft und Zeit nötig für die Arbeit für unser Gesamtwohl. Carl Friedrich von Weizäcker hat mal gesagt: „Man kann in dieser Welt nur dann weiterleben, wenn man zutiefst glaubt, dass sie nicht so bleibt, sondern werden will, wie sie sein soll.“ Darauf hoffen und sein kleines Stückchen dazu beitragen können wir alle. Vielleicht sollten wir doch häufiger in die Bibel gucken, wie Konflikte da gelöst werden. Jesus bietet da pfiffige Lösungen an, zum Beispiel, als eine Frau wegen Ehebruch verklagt wird (Joh. Kap 8). Am Ende ist der Fall geklärt, aber keine Partei hat dabei verloren.


Christiane Seibel