Evangelischer Kirchenkreis Lübbecke

Worte der Besinnung für den 02. März 2024

Pfarrer Friedrich Stork

Der Luftzug der Erlösung

In der Bibel ist immer wieder von der Sehnsucht des Menschen nach Freiheit die Rede: Sie brechen auf in unbekannte Länder (Abraham), entfliehen der Unterdrückung in Ägypten (Mose), sie lassen ihren Beruf stehen und liegen (Jünger Jesu), sie geben ihren bisherigen Glauben und die Sicherheit auf (Paulus). Und eben dieser Apostel Paulus fasst die Botschaft des Evangeliums in einem Satz zusammen: „Zur Freiheit hat uns Christus befreit!“. Oder Martin Luther: Eine seiner bekanntesten Schriften trägt den Titel „Von der Freiheit eines Christenmenschen“.

Diese Freiheit hat allerdings wenig zu tun mit einem „Alles ist erlaubt“. An einer solchen Freiheit kann man sehr wohl scheitern. Die neutestamentliche Geschichte vom verlorenen Sohn erinnert uns daran. Christliche Freiheit ist wesentlich nicht eine Freiheit von etwas, sondern zu etwas hin. Sie ist ohne Bindung nicht möglich. Das unterscheidet sie von vielen landläufigen Vorstellungen, die Freiheit geradezu im Losgelöstsein des Einzelnen sieht. Christliche Freiheit erwächst vielmehr aus und in einer Bindung: Einer vertrauensvollen Gottesbeziehung. Auch in unserem alltäglichen menschlichen Zusammenleben können wir diesen Zusammenhang von Freiheit und Bindung entdecken: Eine vertrauensvolle Eltern-Kind-Beziehung ermöglicht erst eine wirklich freie Entfaltung des Kindes. Ebenso in einer verlässlichen und liebevollen Partnerschaft: Sie stärkt, weil sie nicht immer Stärke verlangt; sie bringt uns zum Erblühen, weil sie uns im Licht leben lässt. Sie lässt frei atmen.
So ist das eben auch mit einer liebesvollen Gottesbeziehung, also im Glauben. Eine solche Gottesbeziehung lässt frei atmen, stärkt und trägt. Diese Freiheit erwächst aus – der Liebe. Ein Christ weiß, dass ihn - wegen Jesus Christus - letztlich nichts und niemand von Gott trennen kann. Wenn Christus mich freispricht, wer hätte das Recht, mich zu verdammen? „Ein Christenmensch ist ein freier Herr über alle Dinge und Niemand unterthan“ (Luther).

Ein solcher Glaube will sich natürlich auswirken: Weil Gott mir die Krone des Lebens aufsetzt, braucht mir kein Zacken mehr aus selbiger zu fallen. Deswegen drückt sich christliche Freiheit eben auch nicht im „Beherrschen-wollen“ aus. Auch wieder Luther: „Ein Christenmensch ist ein dienstbarer Knecht aller Dinge und Jedermann unterthan“. Klingt paradox, ist aber Konsequenz einer Freiheit, die aus Liebe und Vertrauens erwächst. Christliche Freiheit hat man nicht einfach; man nimmt sie wahr.
Christentum ist also nicht ein „So musst du glauben!“ oder „Das musst du tun!“. Denn darin ist kein Vertrauen und keine Liebe und also keine Freiheit.
Es gilt, was schon Philipp Melanchthon, ein Mitstreiter Luthers, formulierte: „Was anderes ist aufs Ganze gesehen das Evangelium als die Ausrufung der Freiheit. Kurz: Christentum heißt Freiheit.“
Das ist der Luftzug der Erlösung.


Pfr. Friedrich Stork
Ev. Martins-Kirchengemeinde Espelkamp