Evangelischer Kirchenkreis Lübbecke

Worte der Besinnung für den 07. November 2020

Prädikantin Miriam Wegener-Kämper

Heute bin ich, was ich schon Anfang Mai hätte sein sollen. So der Plan vor Corona. Heute bin ich Mutter eines Konfirmanden. Oder eines Konfirmierten. Je nachdem, wann Sie dies lesen. (Hoffentlich. Derzeit weiß man ja nie.)
Das Jahr, das hinter uns liegt, war ein wilder Ritt. Turbulent und unberechenbar. Und niemand weiß, wie es weiter geht. Ganz neu wissen wir bisher Selbstverständliches zu schätzen (und damit sind nicht nur Klopapier, Mehl und Hefe gemeint!). Wir haben neu definiert, was wirklich wichtig ist, setzen andere Prioritäten. Emotional wurde und wird uns eine Menge abverlangt - eine Achterbahn der Gefühle.

Auch heute. Zuerst Dankbarkeit. Deine Konfirmation - endlich! Anders als geplant, aber deshalb nicht minder kostbar. Vielleicht sogar kostbarer denn je: Bedeutet das lateinische „confirmare“ doch auch „sich festmachen". Brauchen unsere Kinder nicht gerade jetzt einen sicheren Anker? Schließlich lässt Corona uns alle spüren, wie schnell das Leben stürmisch werden kann.
Neben Dank und Freude bin ich auch nachdenklich und wehmütig, an diesem besonderen Tag in einem besonderen Jahr. Ich erinnere Momente der vergangenen Jahre, überlege, wie es gerade jetzt ist - für dich, für uns. Und ich blicke nach vorn, frage mich, wie deine Zukunft aussehen mag. Schnell sind da noch mehr Fragen - Fragen, die wir uns alle stellen: Worauf kann ich mich verlassen? Woher bekomme ich neue Kraft? Was will ich tun? Wer will ich sein?
„Selig sind, die Frieden stiften; denn sie werden Gottes Kinder heißen." (Mt 5,9), so lautet der Spruch für die kommende Woche. Kind Gottes. Das fühlt sich gut an! Erwachsen werden, Kind bleiben - Kind meiner Eltern, Kind Gottes. Kind Gottes zu sein, das haben wir gemeinsam. Mein Sohn und ich. Wir alle miteinander.

Ja, es ist wichtig, dass wir Verantwortung übernehmen, für uns selbst, für unser Leben. Dass wir unser Bestes geben! Und oft dürfen wir erleben, wie bunt und wunderbar das Leben ist. Genauso bekommen wir aber auch zu spüren, wie schwer es sein kann, wie komplex es ist.
Als Kind Gottes darf ich wissen: In den Herausforderungen meines Lebens bin ich nicht allein. Da ist einer, der kennt sich aus mit dem Leben, mit seinen hellen und dunklen Tagen. Und der begleitet mich. Ich muss auch nicht immer stark sein, sondern darf mich fallen lassen und vertrauen, dass ich aufgefangen werde, gehalten bin. Da ist einer, der kümmert sich liebevoll um mein lädiertes Knie, um mein wundes Herz. Und nach dem Scheitern darf ich - wie ein Kind nach dem Sturz vom Fahrrad - wieder aufstehen, aufsteigen und es noch einmal versuchen. Denn da ist einer, der traut mir das zu. Immer wieder.
Dass wir in diesem Sinne unser Leben lang gerne Kind bleiben, ist mein Wunsch, ja, mein Gebet heute. Für meinen Sohn - für uns alle.


Prädikantin Miriam Wegener-Kämper