Evangelischer Kirchenkreis Lübbecke

Distanzen überwinden

Pfarrer Steffen Bäcker

An diesem Wochenende reise ich mit einer kleinen Delegation des Kirchenkreises Lübbecke zu einem Partnerschaftsbesuch nach Indonesien. Wir werden dort unsere Partner im Partnerkirchenkreis Sibolangit und die ganze Karo-Batak-Kirche auf der Insel Sumatra besuchen.
Vielen Menschen werden wir begegnen, viele Hände schütteln und viele Gespräche führen. Wir wollen die guten und die schweren Seiten des Lebens dort kennenlernen. Wir wollen sehen, wie sich diese »junge Kirche«, die erst vor wenigen Jahren ihr 125jähriges Bestehen feierte, den Herausforderungen ihres Lebens stellt. Kurz: wir wollen an dem Leben der Christen in dieser von uns aus fernen Region der Erde teilhaben und teilnehmen.
Dabei wissen wir schon jetzt, dass die Karo-Batak-Kirche einen besonderen Schwerpunkt auf die soziale und diakonische Arbeit legt. Die Kirche versucht aus christlicher Verantwortung heraus sich auch um die alltäglichen Probleme der Menschen zu kümmern.
Daneben versucht diese Kirche aber auch seit einigen Jahren, das gottesdienstliche und geistliche Leben zu erneuern. Deshalb reist mit uns eine kleine Gruppe von engagierten und kompetenten Bläserinnen und Bläsern, die dort einen Posaunen-Workshop durchführt. Das war ein von unseren Partner lange gehegter Wunsch, der jetzt in Erfüllung geht.
Warum das alles? Würde es nicht genügen, ein paar Experten nach Sumatra zu schicken und ansonsten es bei Geldüberweisungen zu belassen?
Ich glaube, dass das nicht genügt. In der Apostelgeschichte wird von einer Heilung erzählt. Petrus und Johannes begegnen an der Tempelpforte einem seit Geburt gelähmten Mann. Er sitzt dort und bettelt. Auch die beiden Apostel bittet er um ein Almosen.
Aber dann geschieht etwas Erstaunliches: »Petrus aber sah ihm in die Augen, und mit Johannes zusammen sagte er: Schau uns an.« (Apostelgeschichte 3, Vers 4)
Und so kommt es. Und Petrus ergreift den Mann bei der Hand und richtet ihn auf, und seine Gelenke werden fest. Das Wichtigste in dieser Geschichte ist die Begegnung. Zwei Menschen überwinden die Distanz und schauen sich an.
Das ist es, was zählt, und was alles verändert. Aus einem namenlosen Bettler am Tempeltor wird ein Mensch mit Namen und Gesicht und Geschichte. Aus einem Fall wird ein Mensch.
Man kann viel über andere Menschen reden – und wenn man ihnen begegnet und ihr Gesicht sieht und ihre Geschichte hört, dann wird alles anders.
Darauf kommt es auch bei unserer Reise nach Indonesien an. Wir kommen nicht als der reiche Onkel aus dem Westen, sondern wir kommen als Freunde und Partner, und wir suchen nach wirklicher Begegnung. Das ist umso wichtiger, als wir alle in einer gemeinsamen Welt leben, die vor gemeinsamen Herausforderungen steht.
Wir wünschen uns in Indonesien echte Begegnungen – und wie in jeder Begegnung lernen wir auch etwas über uns selbst.
Die Hoffnung ist, dass auch mit dieser Begegnung im fernen Indonesien etwas Heilung in unsere zerrissene und oft wie gelähmte Welt gebracht wird.


Steffen Bäcker ist Pfarrer in Bad Holzhausen und Börninghausen