Evangelischer Kirchenkreis Lübbecke

"Das schönste Herz"

Liebe Leserinnen und Leser,
zwei Wochen lang haben meine Familie und ich an einer Amerikareise teilgenommen. Wir waren mit einer Gruppe in Middleport und Umgebung, um Land und Leute kennen zu lernen, Freundschaften zu schließen und zu intensivieren, vor allem auch, um gemeinsam Musik zu machen in zwei Konzerten, miteinander im Gottesdienst Gott zu loben und Gemeinschaft zu leben.
Der Abschied in den letzten Tagen war sehr tränenreich, denn allen war klar, dass die Entfernung einfach zu groß ist, um ein Wiedersehen schnell möglich machen zu können. Eine unserer Töchter sagte zu mir auf der Rückreise:
"Mama, ich hätte gar nicht gedacht, dass einem fremde Menschen in nur 14 Tagen so ans Herz wachsen können, auch wenn man nicht einmal dieselbe Sprache spricht."
Ich denke, sie hat uns allen aus der Seele gesprochen, so viel Herzlichkeit wurde uns entgegengebracht. Wir verschenken unsere Herzlichkeit und bekommen sehr viel zurück. Dieses gilt nicht nur für eine Ausnahmezeit in einem fremden Land weit weg von Zuhause, sondern kann auch im Alltag gelebt werden.
Das Leben lebt davon, dass wir immer wieder etwas weiter schenken an andere, für sie da sind und auch von anderen etwas geschenkt bekommen.
Manchmal bekommt man nichts zurück oder zu einem anderen Zeitpunkt auf andere Weise. Die Liebe, die wir Menschen einander schenken, hat ihren Ursprung in Gottes Liebe, die uns in Jesus Christus nahe gebracht wurde.
Weil Jesus Christus uns die Liebe Gottes geschenkt hat, können auch wir sie leben, jede und jeder an ihrem / seinen Ort.
Denn also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, auf dass alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben. (Joh 3,16)
Liebe gibt von Herzen gern. Bei Gott geht das so weit, dass er sein Liebstes für uns gibt. Liebe ist kein Perfektionismus, sondern fängt immer wieder von vorne an.
Liebe verschenken heißt ein Stück seines Herzens schenken, so wie es die folgende Geschichte erzählt:
"Das schönste Herz
Ein junger Mann stand eines Tages auf einem Platz in der Stadt und erklärte, dass er das schönste Herz der ganzen Stadt habe.
Viele Menschen versammelten sich um ihn und alle bewunderten sein Herz, denn es war perfekt. Es hatte keinen Fleck und keine Fehler. Alle versammelten Menschen gaben ihm recht. Es war wirklich das schönste Herz, das sie je gesehen hatten.
Der junge Mann war sehr stolz und prahlte laut mit seinem schönen Herz. Plötzlich tauchte ein alter Mann auf und sagte:
„Dein Herz ist nicht mal annähernd so schön wie meines.“
Die versammelte Menge und der junge Mann schauten auf das Herz des alten Mannes. Dieses schlug kräftig, aber es war voller Narben. Es hatte Stellen, wo Stücke entfernt und durch andere ersetzt worden waren. Aber sie passten nicht richtig und es gab einige ausgefranste Ecken. An einigen Stellen waren tiefe Furchen und es fehlten sogar ganze Teile.
Die Leute starrten ihn an:
„Wie kannst du behaupten, dein Herz sei schöner?“
Der junge Mann schaute auf das Herz des alten Mannes, sah dessen Zustand und begann laut zu lachen:
„Du musst scherzen, dein Herz mit meinem zu vergleichen. Mein Herz ist perfekt und deines  ist ein Durcheinander aus Narben und Tränen.“
„Ja“, sagte der alte Mann, „deines sieht perfekt aus, aber ich würde niemals mit dir tauschen.”
Die Menschen lauschten gespannt, als der Alte weitersprach:
„Jede Narbe steht für einen Menschen, dem ich meine Liebe gegeben habe. Ich reiße ein Stück meines Herzens heraus und reiche es meinen Mitmenschen und oft geben sie mir dann ein Stück ihres Herzens, das in die leere Stelle meines Herzens passt. Aber weil die Stücke nicht genau gleich sind, habe ich einige Kanten, die ich sehr schätze, denn sie erinnern mich an die Liebe, die wir teilten.
Manchmal habe ich auch ein Stück meines Herzens gegeben, ohne dass mir der Andere ein Stück seines Herzens zurückgegeben hat. Das sind die leeren Furchen.
Liebe geben heißt manchmal auch ein Risiko einzugehen. Auch wenn diese Furchen schmerzhaft sind, bleiben sie offen und auch sie erinnern mich an die Liebe, die ich für diese Menschen empfinde. Ich hoffe, dass sie eines Tages zurückkehren und den Platz ausfüllen. Erkennst du jetzt die wahre Schönheit?“
Der junge Mann stand still da und Tränen rannen über seine Wangen. Er griff nach seinem perfekten jungen und schönen Herzen und riss ein Stück heraus. Er bot es dem alten Mann mit zitternden Händen an.
Der alte Mann nahm das Angebot an und setzte es in sein Herz. Dann nahm er ein Stück seines alten vernarbten Herzens und füllte damit die Wunde im Herzen des jungen Mannes. Es passte nicht perfekt, da es einige ausgefranste Ränder hatte.
Der junge Mann sah sein Herz an, nicht mehr perfekt, aber schöner als je zuvor, denn er spürte die Liebe des alten Mannes in sein Herz fließen. Sie umarmten sich herzlich und Seite an Seite gingen sie weg – und ließen die betroffene schweigende Menge zurück."
(Autor unbekannt)

Ich wünsche uns, dass es uns gelingt, so wie Jesus unser Herz mit denen zu teilen, die es brauchen und auch, dass andere für uns da sein können, wenn wir Liebe und Zuwendung nötig haben. Diese Geschichte wird zurzeit immer noch bei einigen Menschen in Middleport verteilt und ich hoffe, dass Sie auch Ihnen zu Herzen gehen kann.
Sabine Heinrich, Pfarrerin in der Ev.-Luth. Kirchengemeinde Lübbecke