Evangelischer Kirchenkreis Lübbecke

Worte der Besinnung für den 18. April 2020

Krankenhauspfarrer Paul Alexander Lipinski

„Wer wird uns den Stein vom Grab wegrollen?“, fragten die Frauen als sie am Ostermorgen zum Grab Jesu gingen. Dort erlebten sie es offen stehen und erfuhren von der Auferstehung Jesu von den Toten. Der Jünger Thomas konnte es nicht glauben, bis er seine Hände in die Wundmale des Christus legen durfte. Auferstehung von den Toten, neues Leben, neue Lebendigkeit.

Quasimodogeniti ( = Wie die neugeborenen Kinder) heißt der Sonntag nach Ostern. In der frühen Christenheit war er Tag der Taufen. Bei uns war er bisher Tag der Erstkommunion und von Konfirmationen. Jetzt aber ist Corona-Zeit. „Shut-Down“, „Locked-Down“. Familienfeste, festliche Gottesdienste, alles abgesagt. Viel Lebensfreude eingesperrt. Wie werden die Lockerungen unserer Einschränkungen voranschreiten? –
Am 15. März war er ins Koma gelegt und an eine Herz-Lungen-Maschine angeschlossen worden. Drei Wochen kämpften Ärzt*Innen und Pfleger*Innen um sein Leben. Er selbst war eingeschlossen in sich selbst, gefangen in den Horror-Halluzinationen seines Lebenskampfes. Karfreitag telefonierte ich das erste Mal mit ihm. Seit drei Tagen war er wieder wach, die Stimme sehr schwach. Noch immer war er besetzt von den Halluzinationen, aber er konnte sie als solche einordnen. Voller Dankbarkeit für die Kunst der Ärzte und das Engagement der Pflegenden war er aber auch voller Zorn über einen Pfleger, der seine Oberhand über die Schwerstkranken diese hatte spüren lassen. Zorn, welch ein Zeichen wiederkehrender Lebendigkeit! Am Ostertag durfte er endlich nach Hause. Noch sehr, sehr schwach schleicht der sonst so sportlich–fitte Mann am Rollator regelrecht durchs Haus. Aber er ist glücklich, und seine Frau ist es auch. Sie hatte die Infektion aus dem Skiurlaub mitgebracht und gab sich die Schuld für seine Not.

Ostermontag sind sie ganz langsam zur Eisdiele, wo es einen Thekenverkauf gab. Wie ein kleines Kind, das Laufen lernt, hat er sich gefühlt. Windgeschützt setzte er sich auf seinen Rollator und hat sein Eis genossen. Die Sonne schien ihm ins Gesicht, und dem ansonsten „harten Hund“ sind die Tränen geflossen. Freudentränen? Taufwasser? -

Im 126. Psalm heißt es: „Wenn der Herr die Gefangenen Zions erlösen wird, so werden wir sein wie die Träumenden. Dann wird unser Mund voll Lachens und unser Mund voll Rühmens sein… Die mit Tränen säen, werden mit Freuden ernten.“ Liebe Leser*Innen: Auf die Hoffnung, auf das Leben!


Paul Alexander Lipinski, Krankenhauspfarrer des Evangelischen Kirchenkreis Lübbecke