Evangelischer Kirchenkreis Lübbecke

30 Jahre Telefonseelsorge

Über den Tellerrand schauen
Petra Henning arbeitet seit 30 Jahren in der Telefonseelsorge Ostwestfalen




Betritt man die Räume der Telefonseelsorge, so wird man umfangen von Formen und Farben. In allen Räumen und den Fluren lädt zeitgenössische Kunst zur Begegnung ein. Sie berührt, verstört und begeistert, so wie das Bild, das schon zum Markenzeichen von der TS geworden ist: Ein riesiges, großes, buntes Herz. Telefonseelsorge ist nicht von Gestern. Und sie hat ein riesiges Herz für die Belange der Ratsuchenden in aller Unterschiedlichkeit.
„Mir war schon früh klar, dass ich meinen Arbeitsschwerpunkt in der Seelsorge haben möchte.“, erklärt die engagierte Pfarrerin. Sie arbeitete zunächst neben einer Gemeindetätigkeit als Seelsorgerin im Herzzentrum, bis sie 1988 zur Telefonseelsorge kam. Dort war sie in den ersten Jahren vor allem für die inneren Bereiche der Institution zuständig, wie zum Beispiel die Ausbildung der Ehrenamtlichen , die den Dienst am Telefon leisteten. 2002 übernahm sie die leitende Pfarrstelle der Telefonseelsorge.
Neben der Begleitung der Ehrenamtlichen vertritt Petra Henning die Telefonseelsorge nach außen. Mit Gottesdiensten, Presseartikeln und Broschüren macht die TS auf sich aufmerksam. „Vernetzung ist mir bei meinem Dienst ein wichtiges Anliegen, sowohl hier vor Ort in den Kirchenkreisen als auch auf die Telefonseelsorge in Deutschland bezogen.“, sagt Henning. „Auch wenn die Arbeit der Telefonseelsorge vor Ort ein je eigenes Gepräge hat, so wissen wir voneinander und verstehen uns als eine TS“.



Angesprochen auf die Bilder sagt Petra Henning: „ Ich habe einen persönlichen Bezug zur Kunst. Die Bilder, die hier hängen, stammen meistens aus Ausstellungen, die wir unter dem Motto „Kunst trifft Seelsorge“ hier veranstaltet haben. Bilder regen die Wahrnehmung an, das ist für die Arbeit der TS sehr wichtig. Es gibt eine große Nähe zwischen Seelsorge und Kunst. In der Seelsorge geht es auch um Wahrnehmung und um Verstehen. Wer Menschen verstehen will, der ist ganz schnell beim Zuhören. Vertrauen in Gottes Akzeptanz ist dabei wesentlich. Die Menschen, die uns anrufen, sind unterschiedlich. Jeder lebt in seiner Welt. Gottes Liebe umfasst jeden Menschen in seiner eigenen Situation, wo er grade steht. Wir sind den Menschen zugewandt. Zu Beginn meines Dienstes habe ich mich gefragt: Wie kann ohne Blickkontakt eine Begegnung entstehen? Als ich telefonierte, spürte ich schnell: Der Kontakt ist immer schon meistens schnell da, ob beim Telefonieren oder jetzt beim Chatten. Die Menschen, die anrufen, haben ein Anliegen. Das macht den Kontakt leicht.“
Sie blickt nun auf 30 Jahre Dienst in der TS zurück.



„Es hat sich viel verändert. Hatten wir früher Praxistage für Interessierte mit 20 bis 25 Teilnehmenden und dann eine Warteliste für die Ausbildung, so sind heute auch schon mal nur acht Menschen in einem Kurs. Jedes Jahr eine neue Ausbildungsruppe zu starten, ist eine Herausforderung. Die Arbeit steht und fällt mit den Ehrenamtlichen. Und für sie hat sich viel geändert. Es ist nicht immer einfach, sich die Zeit für dieses anspruchsvolle Ehrenamt zu nehmen. Darüber hinaus sind wir von der Technik abhängig und müssen uns den Kommunikationsgewohnheiten anpassen. Onlineberatung wird immer mehr nachgefragt. Im Augenblick arbeiten wir als TS in Deutschland an einer APP zur Suizidprophylaxe.“
„Ich verstehe mich als Netzwerkerin. Der Blick über den Tellerrand ist nötig, um gesellschaftlich am Puls der Zeit zu sein.
Gefragt, was sie am meisten vermissen würde, wenn sie mal geht, antwortet Henning:
„Was ich vermissen werde? Die menschliche Wärme im Haus. Da ist eine vertrauensvolle Nähe gewachsen. Auf sie zu verzichten, wird mir schwer fallen.“