Evangelischer Kirchenkreis Lübbecke

Philharmonisches Konzert

Pure Emotion
Furioses Konzert des Armenischen Philharmonischen Orchesters – Publikum begeistert




Lübbecke(WB). Der Weg von Klagenfurt nach Eriwan führt nicht zwangsläufig über Lübbecke. Das Armenische Philharmonische Orchester hat diesen Umweg jedoch in Kauf genommen und nach einer anstrengenden Tournee durch Österreich am Freitag noch ein Konzert in der Lübbecker Stadthalle angehängt.

Von Cornelia Müller


»Wir möchten uns damit für 15 Jahre Gastfreundschaft bedanken«, sagte Dirigent Eduard Topchjan. »Da machen wir diesen Abstecher gern.« Viele Musiker des Philharmonischen Orchesters sind auch Mitglieder des von Eduard Topchjan gegründeten Kammerorchesters »Serenade«, das zwischen 1996 und 2010 regelmäßig in Lübbecke zu Gast war. Ein seit 1997 bestehender »Freundeskreis Serenade« hatte in dieser Zeit den Kontakt zu den Musikern gehalten, hatte die Lübbecker Konzerte organisiert und sich um die Unterbringung der armenischen Gäste gekümmert. Auch für das Philharmonische Orchester übernahm der Freundeskreis nun wieder diese Aufgaben – bei 92 Orchestermitgliedern diesmal eine ganz besondere Herausforderung.



Eduard Topchjan und sein Orchester bedankten sich mit einem Konzert, wie es Lübbecke noch nicht erlebt hat. Es begann mit einem gewaltigen Stürmen und Brausen. Mit Modest Mussorgskys »Eine Nacht auf dem Kahlen Berge« feierten die Musiker einen wilden Hexensabbat: schillernd in allen Farben des Orchesters, rasend, taumelnd, hitzig, bis der ganze Spuk mit einem letzten Paukenschlag zu Ende war. Mit diesem furiosen Auftakt eroberten die Musiker die etwa 350 Zuhörer im Sturm, nur um sich gleich darauf von einer ganz anderen Seite zu präsentieren.



Denn ein krasserer Gegensatz als der zwischen Mussorgskys sinfonischer Dichtung und Mozarts Klavierkonzert Köchelverzeichnis 415 lässt sich kaum denken. Und dennoch gelang Eduard Topchjan und seinem Orchester der Wechsel problemlos. Ein idealer Partner war der Solist Andreas Frölich, der gerade erst eine Mozart-CD mit den Armeniern eingespielt hat. Von dieser intensiven Zusammenarbeit profitierten nun die Lübbecker Zuhörer: Eine heitere Gelassenheit lag über diesem Stück, das ganz im Sinne Mozarts brillant und »angenehm in den Ohren«, bei aller Leichtigkeit aber nicht ohne Tiefe erklang.



Das Publikum hatte seine Freude daran und applaudierte so ausdauernd, dass es von Andreas Frölich noch mit einer Zugabe (Chopins Nocturne Nummer 8) belohnt wurde.




Wer glaubte, dass danach kaum noch eine Steigerung möglich sein könne, den belehrten Eduard Topchjan und das Armenische Philharmonische Orchester eines Besseren. Mit Tschaikowskys Sinfonie Nummer 6 (»Pathétique«) gelang ihnen so etwas wie die Quadratur des Kreises: pure Emotion bei höchster Kontrolle. Vom freudlos klagenden Fagott zu Beginn über den anmutig tänzerischen zweiten Satz bis zum letzten, leise verklingenden Ton der Streicher: die ganze Sinfonie war ein Wechselbad der Gefühle und der musikalischen Ausdrucksmöglichkeiten, so dass es das begeisterte Publikum danach nicht mehr auf den Sitzen hielt. Das Orchester und sein begnadeter Dirigent verabschiedeten sich mit zwei Zugaben aus dem Ballett »Spartacus« von Aram Chatschaturjan – ein musikalischer Gruß aus Armenien, ein Dankeschön für langjährige Freundschaft und ein großes Geschenk an alle Konzertbesucher. WB 13.10

Ost und West mit Musik vereint
Standing Ovations für das Armenische Philharmonische Orchester

Von Imme Lohmeyer-Lorek

Lübbecke. Ein Konzert der Superlative erlebten Zuhörer jetzt in der gut besuchten Stadthalle in Lübbecke. Zum einen in Bezug auf die Anzahl der Musiker, die das Armenische Philharmonische Orchester mit 92 Mitgliedern im Saal versammelte, zum anderen die Qualität der Aufführung betreffend, die sich durchweg auf höchstem künstlerischem Niveau bewegte.

Auch die Wahl der Stücke war mit Komponisten aus Ost und West gut getroffen, um dem Publikum einen Einblick in die Arbeit des wichtigsten musikalischen Botschafters Armeniens zu gewähren.

Außergewöhnlich war auch der Pianist Andreas Fröhlich, der Mozart bei aller Virtuosität mit eben der Leichtigkeit spielte, die dem österreichischen Wunderkind gebührte. Frölich schlug zunächst zarte, einfühlsame Töne an, die an unschuldige Kinderlieder erinnerten, um dann im ersten Satz rasant an Tempo zu gewinnen, ohne jedoch die Verspieltheit zu verlieren, die Mozarts "Konzert für Klavier und Orchester Nr.13 in C-Dur" in sich barg. Der zweite Satz mutete wie ein Spaziergang in der Natur an, bei dem jeder Ton liebevoll gestaltet war, während der letzte Satz das Publikum keck zum Tanz aufforderte. Neben einer sehr fantasievollen Kadenz gab Frölich als Zugabe ein Nocturne von Frederic Chopin zum Besten, um sich damit von den hingerissenen Zuhörern zu verabschieden.

Das Armenische Philharmonische Orchester unter Leitung des jungen, dynamischen Eduard Topchjan bettete den vergleichsweise sanften Wolfgang Amadeus in zwei Werke, die in ihrer Intensität fast das klangliche Fassungsvermögen der Stadthalle sprengten. Mit der Sinfonischen Dichtung "Eine Nacht auf dem kahlen Berge" des russischen Komponisten Modest Mussorgsky brachte das Orchester in krassen Klangfarben einen grauenhaften Hexentanz auf die Bühne. Das Thema wechselte zwischen flirrenden Violinen und bravourösen Bläsern und hinterließ den Eindruck von einem heftigen Gewitter. Nicht minder bewegt war die fast einstündige "Sinfonie Pathétique" von Peter Tschaikowsky, die den krönenden Abschluss des Abends bot. Das große Aufgebot an Musikern erzeugte einen gewaltigen, extrem verdichteten Klang mit unwetterartigen Episoden, die in krassem Gegensatz zu den gesanglichen Passagen am Anfang standen. Nach einem nicht mehr zu steigernden Finale gab es eine unerwartete Wende, die melodiös, manchmal klagend wie das Aufatmen nach schwerem Gewitter anmutete. Das Orchester aus Eriwan bewies auf seiner Europatournee, das jeder seiner Musiker als hervorragender Solist auftreten könnte. Das außergewöhnliche Konzert wurde vom Kirchenkreis Lübbecke und der Kantorei an St. Andreas veranstaltet. Kantor Heinz-Hermann Grube freute sich in seinem Grußwort, mit dem Kern des Orchesters "Serenade", das regelmäßig in Lübbecke auftritt, alte Freunde willkommen zu heißen, und dankte allen Sponsoren, die das Konzert ermöglicht hatten. Die Standing Ovations des Publikums entlockten den Musikern noch zwei Zugaben, darunter ein Werk des armenischen Komponisten Aram Chatschaturjan.
NW 13.10