Von Klassik bis Pop – Tenöre4you gastierten in Wehdemer Kirche
Weniger Technik wäre wünschenswert gewesen
Anja Schubert
Wehdem (Art). Stimmen, die unter die Haut gingen, Lieder die ins Träumen versetzten. Das hatte die Mehrheit der Zuhörer beim Konzert der „Tenöre4you“ am Mittwochabend in der Wehdemer Kirche erwartet und größtenteils wohl auch gefunden.
Klassik sich mit Pop vereint, dann verspricht das eine interessante musikalische Mischung. Interessant und überraschend war darüber hinaus gleich zu beginn, dass die Zuschauer in Tony Tchakarov den „singenden Kartenverkäufer“ vom Einlass wiedererkannten.
Nicht erst seit der Entdeckung Paul Potts liegen Tenöre im Trend.
Tchakarov stammt aus einer bekannten bulgarischen Musikerfamilie Im Jahr 2007 stieß er beim Eurovision Song Contest auf den achtzehn Jahre jüngeren Patov. Seitdem touren sie als ,,Tenöre 4 you" gemeinsam durch Europa.
Ihr Repertoire entstammt den Hitparaden der vergangenen hundert Jahre, sie bedienen sich aber ebenso bei den populärsten Ohrwürmern aus Klassik und Pop, Oper und Musical.
Tchakarov beeindruckte vor allem in den tiefen Lagen, wo ihm auch ganz ungewöhnliche Koloraturen gelingen. Im Gegensatz zu ihm lagen Patovs Stärken in den Höhen. Er ist jedoch keiner von den strahlenden Tenören. Seine Stimme klingt vielmehr auf eine samtige Art weich und erinnerte ansatzweise an die gefühlvollen Stimmen bekannter Boygroups.
Mit Songs wie „Moonriver“, „Ave Maria“, „La Paloma“ und „Una furtiva lagrima“ boten die beiden Sänger eine tenorhafte Liedauswahl, die beiden Solisten auf Knopfdruck zur Musik vom Band präsentierten. Durch die eher ruhige Schwerpunktsetzung profitierten vor allem Patovs außergewöhnliche Versionen bekannter Melodien, zum Beispiel ,,Concierto de Aranjuez", eine soulige Version von ,,Amazing Grace" oder das ,,Adagio" in g-moll von Tomaso Albinoni. Natürlich durften Tenor-Klassiker wie „Nessun Dorma“ und „O sole mio“ durfte an diesem Abend nicht fehlen: „Das hat jeder Tenor im Repertoire, ob er singen kann oder nicht“, kündigte Tchakarov letzteres humorvoll an.
Auch unter den rund 120 Besuchern schieden sich die Geister. Beeindruckt von dem ausgewählten Liedrepertoire, dem mit weiterem Fortschreiten des Abends sich mehr entfaltenden Stimmvolumen der beiden Akteure und der mittels Illumination erzeugten verträumten Atmosphäre, zeigte sich der Großteil der Gäste. Doch es gab auch Musikliebhaber, die im Laufe des Abends erst einmal umdenken mussten und ihre Erwartungshaltung korrigierten. „Die Musik vom Band wirkte für mich ein wenig befremdlich“, gab eine Zuhörerin in der Pause ehrlich zu. Noch dazu sei die Darbietung weltlicher Lieder wie beispielsweise La Paloma in einer Kirche ein wenig gewöhnungsbedürftig.
Denkt man beispielsweise an das unvergessliche A-Capella-Klangerlebnis der russischer Kosakenchöre, die heimische Kirchen gelegentlich mit ihren inbrünstigen Stimmen erfüllen, wäre am Mittwochabend weniger Technik wesentlich mehr gewesen. Der Verzicht auf eine Verstärkeranlage, die anfangs auch in den ersten Reihen dem Zuhörer kaum keine Chance ließ, das tatsächlich Stimmvolumen zu erahnen, sowie auf die Musik aus der Konserve hätten die gesanglichen Leistungen Tchakarovs und Patovs eher betont statt geschmälert.