Evangelischer Kirchenkreis Lübbecke

Hospizgruppe der evangelischen Kirchengemeinde Rahden in Gründung


Seminar ermöglicht professionelles Arbeiten in der Sterbebegleitung
Ein Ehrenamt ganz nah am Menschen


(Text und Foto: Anja Schubert)

Für die Hospizarbeit, die zukünftig auch in Rahden stattfinden soll, haben sich Annette Rumpke, Erika Wagenfeld, Linda Gehlker, Helga Tegeler, Mario Tölderer, Annegret Schinke, (von links) und Michaela Schaefer (stehend mitte) sowie Hannelore Buck (nicht anwesend) qualifiziert. Dorothea Dieker von PARIVital (rechts) und Pfarrerin Wirwe Grau-Wahle haben das Seminar fachmännisch begleitet.



RAHDEN. Wenn ein Familienmitglied unheilbar erkrankt, stellt dies für ihn und seine Angehörigen eine ungewöhnliche Herausforderung dar. Oft beginnt ein schmerzlicher Leidensweg, der große Belastungen mit sich bringt. Ein Weg, den acht Menschen jetzt mit Menschlichkeit und fundiertem Hintergrundwissen begleiten möchten, denn sie haben sich durch eine spezielle Ausbildung für diese Tätigkeit qualifiziert. Gestärkt und qualifiziert durch den „Befähigungs- und Ermutigungskurs“ der Hospizarbeit der PARIVital Minden-Lübbecke, wird ein Großteil von ihnen den Grundstein legen, wenn jetzt auch in Rahden unter Federführung der evangelischen Kirchengemeinde eine Hospizgruppe ins Leben gerufen wird.
Zurecht mit ein wenig Stolz konnten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Seminars am Donnerstagabend im Rahdener Gemeindehaus ihre Zertifikate in Empfang nehmen, die ihnen das in den letzten Monaten „kompetente zur Seite stehen“ in der wohl schwierigsten Lebensphase bescheinigen.
Die Motivation für den Besuch des Seminars und für die Entscheidung, diese emotionell sehr berührenden ehrenamtlichen Tätigkeit anzustreben, waren vielfältig. „Wir sind als Grüne Damen regelmäßig im Krankenhaus tätig“, erzählten Erika Wagenfeld und Linda Gehlker. „Da werden wir unweigerlich mit der Thematik konfrontiert. Deshalb möchten wir auf diesem Wege erreichen, dass unsere Besuche den Patienten eine wirkliche Hilfe sind.“ Auch Mario Tölderer möchte für seine Arbeit in der Altenpflege für die Sterbebegleitung fachmännisch gerüstet sein. Wieder andere Teilnehmer setzten sich erst nach dem Tod eines Elternteils mit dem Thema Sterben und Sterbebegleitung auseinander, um zukünftig mit solche Situationen besser bewältigen zu können. „Es kann schnell auf jeden zukommen“, wissen auch die Teilnehmer, die bis jetzt noch nicht mit derartigen Situationen konfrontiert waren.
So begann das Seminar, welches knapp 60 Theorie- und 40 Praktikumsstunden umfasst, im August mit zwei Wochenendseminaren in der Alten Volksschule Oberlübbe, wo sich die Teilnehmer zunächst einmal kennen lernen konnten. Praktika wurden zwischenzeitlich in Altenheimen absolviert oder stehen noch an. „Die Thematik braucht einen geschützten Rahmen“, weiß auch Seminarleiterin Dorothea Dieker, die schon viele Seminare in der Hospizarbeit der PARIVital geleitet hat und die Hospizgruppe Lübbecke betreut. Denn das Sich-Einlassens aufeinander und das Vertrauen in einander sind Grundvoraussetzung, wenn es darum geht, sich unter anderem mit den Gedanken, Gefühlen, Stärken und Ängsten der eigenen Lebensgeschichte auseinander zu setzen. „Bei mir kam einiges an längst verarbeitet Geglaubten wieder hoch, hat mich emotional aufgewühlt.“ - Die Äußerung einer Seminarteilnehmerin zeigt, wie sensibel der Umgang mit der Thematik sein muss, gleich ob sie im eigenen Familien- oder Bekanntenkreis oder als Ehrenamt angegangen wird. Gesprächsführung, die Kommunikation mit Sterbenden, Sterbephasenmodelle, Palliativmedizin und der Umgang mit Schmerzen und anderen Symptomen sowie die veränderten Lebensbedürfnisse sterbender Menschen waren daher ebenso ein Thema wie die Unterstützung des einzelnen durch die übrigen Seminarteilnehmer. Auch über den Tod hinaus gehende Trauerarbeit wird nicht ausgeklammert. Denn auch die ehrenamtliche Tätigkeit wird immer wieder Reflexion und gegenseitige Stärkung erfordern, um der emotionalen Belastung stand zu halten. „Daher bietet unsere Ausbildung, die nach dem Bonner Curriculum erfolgt, Interessierten die Möglichkeit, in diese Aufgabe hineinzuwachsen“, erklärt Dorothea Dieker die Notwendigkeit, ein solches Seminar zu absolvieren, wenn man ehrenamtlich in der Hospizarbeit tätig werden möchte.
Und das möchten die sechs aus Rahden stammenden Seminarabsolventen auf jeden Fall. Da von der evangelischen Kirchengemeinde seit längerem die Gründung einer Hospizgruppe angedacht war, fand das Seminar nicht ohne Grund in Rahden seinen Hauptveranstaltungsort. Außer von Dorothea Dieker wurden die Seminarteilnehmer darüber hinaus von Pfarrerin Wirwe Grau-Wahle begleitet. Sie als Geistliche, die vorwiegend in der Altenheimseelsorge tätig ist, wird die zukünftigen Zusammenkünfte der neuen Hospizgruppe Rahden seelsorgerisch begleiten.
Auch für die Teilnehmer spielt der religiöse Aspekt nicht zu unterschätzende Rolle. „Es ist für uns eine Möglichkeit, das „Christsein“ professionell weiterzugeben“, unterstrich Mario Tölderer, dass diese ehrenamtliche Tätigkeit ein Zeichen praktizierter Nächstenliebe sei.
„Es geht nicht darum, dem Leben mehr Tage zu geben, sondern den Tagen mehr Leben.“ Auch die Rahdener Hospizgruppe wird zukünftig alles daran setzen, diesen Leitgedanken von Cicely Saunders, Begründerin der Modernen Hospizbewegung, in die Tat umzusetzen. „Wir werden uns sowohl ambulant beim Patienten zu Hause als auch in Pflegeeinrichtungen engagieren“, betont Pfarrerin Grau-Wahle. Für alle, die in Rahden oder den übrigen Hospizgruppen im heimischen Raum tätig werden möchten, startet die PARIVital am 19. Februar einen neuen Kursus zur Qualifikation in der Hospizarbeit. Nähere Auskünfte erteilt Dorothea Dieker, Koordinatorin für ambulante Hospizarbeit unter (05741) 8096-202.