Evangelischer Kirchenkreis Lübbecke

Handglockenchor in Rahden

Mit Spaß und großem Einsatz sind die frischgebackenen Glöcknerinnen und Glöckner des neuen Handglockenchores in der Rahdener Kirchengemeinde unter Leitung von Susanne Quellmalz (r.) bei der Sache. Foto: Anja Schubert



Seltener Klanggenuss mit jahrhunderte langer Tradition - Mitglieder des neuen Handglockenchores der Rahdener Kirchengemeinde vom Klang ihres Instrumentes fasziniert

Anja Schubert

RAHDEN. Rein und hell, nahezu schwebend klingen die nicht alltäglichen Instrumente, die seit wenigen Wochen in der Rahdener Kirchengemeinde ihren Einsatz finden. Mit Begeisterung sind die rund 20 Mitglieder des von Susanne Quellmalz neu gegründete Handglockenchores bei der Sache, und auch der Klanggenuss des ersten öffentlichen Auftritts im Abschiedsgottesdienst für Pfarrer Stefan Thünemann verfehlte seine Wirkung bei den Gottesdienstbesuchern nicht.
„Für mich ist ein Traum wahr geworden“, strahlt die junge Chorleiterin, die im Frühling mit Ehemann Thomas Quellmalz, neuer B-Kantor der Kirchengemeinde in die Auestadt zog. Susanne Quellmalz freut sich, dass die Mitglieder des von ihr neu gegründeten Handglockenchores mit viel Spaß und Einsatz bei der Sache sind.
Handglockenchöre sind in Deutschland noch immer recht spärlich gesät“, weiß Quellmalz, selbst ausgebildete Kantorin. Schon in Kinderzeiten war sie von den zarten Tönen dieser Klangkörper fasziniert. Während ihres Studiums in Hannover nutzte sie die Gelegenheit, sich dem dortigen Handglockenchor anzuschließen.
„Nur rund 30 Chöre gibt es bis heute in Deutschland“, verrät Quellmalz, die froh ist, den fünf Oktaven umfassenden Glockensatz ihr Eigen nennen zu dürfen. Schon lange reifte in ihr der Wunsch, damit einen eigenen Chor zu gründen. Der Umzug nach Rahden ließ in ihr die Überlegung reifen, hier die Gründung eines solchen zu wagen.
Überrascht von dem zarten und facettenreichen Klang der Instrumente zeigten sich auch frisch gebackenen Glöcknerinnen und Glöckner des neuen Chores. Wer nämlich aufgrund der nahezu einheitlichen Glockenkonstruktion einen eher gleichförmigen Klang erwartete, wurde schnell eines besseren belehrt, als Susanne Quellmalz einen Einblick in die unterschiedlichen Spielvarianten gab. Kreisförmige Bewegungen mit schwingendem Klang und das Abdämpfen der Schwingungen am Körper sowie das Einbeziehen der dicken Schaumkissen, auf denen die Glocken für das Zusammenspiel bereitliegen oder gar ein Reiben der Glocke führen zu einem stimmungsvollen Gesamtklangkunstwerk. „Fortgeschrittene Spieler bedienen mehr als eine Glocke pro Hand und erzeugen so ein noch vielfältigeres Klangbild“, berichtet Susanne Quellmalz. Dazu könnten Handglocken mit vielen weiteren Instrumenten wie beispielsweise Orgel, Trompete, Klavier, Querflöte oder Gitarre harmonieren.
Viele Mitglieder des neuen Ensembles wussten bis zum Schnupperabend nicht, was sie erwartet. „Ich bin Rentnerin und hab gedacht, das könnte ein neues Hobby sein“, so Ingrid Weghorst. Ebenso wie sie ging auch Peony Roser neugierig an das Handglockenspiel heran. „Das hat mit Kuhglockenspiel wenig gemeinsam“, hatte Tochter Mandy Ante sie zuvor aufgeklärt, die ihre Begeisterung für den Glockenklang bei einem Konzert des Handglockenchores Wiedensahl entdeckte. Jetzt spielen Mutter und Tochter Seite an Seite. „Ob mit oder ohne Notenkenntnisse, hier kann jeder mitmachen“, so Susanne Quellmalz, die sich freut, dass sich das Interesse an dieser Musik durch alle Generationen zieht. „Wir sind schon eine starke Truppe, aber es warten noch einige Handglocken darauf gespielt zu werden.“ Geprobt wird immer montagsabends von 18.15 bis 19.45 Uhr im Rahdener Gemeindehaus. Für Mai kommenden Jahres ist zudem bereits ein Workshop mit einer Abordnung eines amerikanischen Chores geplant, um Kenntnisse zu vertiefen und gemeinsam zu musizieren.


Die Geschichte der Handglocken
Die Geschichte der Handglocken lässt sich über Jahrhunderte zurückverfolgen. Das Handglockenspiel hat im England des 16. und 17. Jahrhunderts, aber auch in China seinen Ursprung. In Amerika tauchten Handglocken im 19. Jahrhundert erstmalig auf und erfreuen sich dort seit den sechziger Jahren einer immer größer werdenden Beliebtheit. Auch die Herstellung dieses außergewöhnlichen und hochwertigen Musikinstrumentes hat sich in den USA etabliert. Während in angloamerikanischen Ländern Handglockenchöre seit Jahrhunderten weit verbreitet sind, ist dieses Instrument in Deutschland, wo sich erste Handglockenensembles Anfang der 80er Jahre gründeten, trotz regionaler Präsenz mit rund 30 Chören nahezu unbekannt.


Das Handglockenspiel:
Jeder Spieler bedient im Durchschnitt drei bis acht der aus Bronze bestehenden Glocken. In der Länge des Notenwertes wird die Glocke zum Schwingen gebracht und anschließend einfühlsam am Körper wieder abgedämpft, um einen ausdrucksvollen Gesamtklang zu bekommen. Ergänzend zu den Handglocken können Tonstäbe (Chimes) eingesetzt werden, um beispielsweise die Melodie eines Stückes hervorzuheben. Zum Schutz der hochwertigen und empfindlichen Instrumente werden beim Spiel dünne Handschuhe getragen.