Evangelischer Kirchenkreis Lübbecke

Bikertreffen in Pr. Ströhen

Anja Schubert

Safety First – Rund 250 Motorradfreunde feierten Saisonabschluss am Pr. Ströher Nordpunkt



Anja Schubert

Pr. Ströhen. Ein dicht umlagerter Catwalk mit „heißen Öfen“, Knatterfaktor im oberen Bereich, die Schlange schwerer und weniger schwerer Maschinen bei der Ausfahrt schier unendlich. – Das 16. Bikertreffen am Nordpunkt in Pr. Ströhen war am „Tag der Deutschen Einheit“ erneut eine runde Sache und brachte ein Strahlen in die Gesichter des aus Bikerstammtisch und Heimatverein bestehenden Organisationsteams. Rund 250 Motorradfahrer aus ganz NRW und dem benachbarten Niedersachsen waren beim Saisonabschluss am nördlichsten Punkt NRWs dabei.




Bereits am frühen Morgen gab es rund um das Nordpunktgelände kaum mehr ein Durchkommen. Auf Hochglanz polierte alte Schätzchen und PS-starke Maschinen standen in einer Reihe mit motorisierten Dreirädern und Gespannen. Wiedersehensfreude prägte die Zusammenkunft vor der gemeinsamen Ausfahrt, man saß in lockerer Runde zusammen. „Wir sind kein Club, wir haben nur zufällig für Ausfahrten zusammengefunden“, berichtete eine Gruppe mit Bikern aus Bielefeld, Löhne, Kirchlengern und Espelkamp. Wie man auf die Entfernung zusammenfindet? Auch darauf hatten Motorradfreunde schnell eine Antwort. „Einfach die Straße fahren und bei den Stopps Leute ansprechen“, verriet Heinz Rockmann aus Bielefeld. „Wir sind mittlerweile mit verschiedenen Gruppen in wechselnder Zusammensetzung viel unterwegs.“ Unterwegs sind Rockmann und sein Kumpel Frank Kortenhorn auch noch in anderer Mission. Bereits in ihrem normalen „Ausfahrdress“ und mit ihren „Road King“-Harleys ein unübersehbarer Hingucker, sind sie mit entsprechendem Outfit getreu dem Motto „harte Kerle, weicher Kern“ vor dem Heiligen Fest als Weihnachtsmänner unterwegs, die quer durch OWL mit ihren „motorisierten Schlitten“ bei Veranstaltungen und Weihnachtsmärkten für die ‚Aktion Lichtblicke’ Spenden sammeln.




Für die Ausfahrt hatte der Bikerstammtisch wieder eine attraktive Tour ausgearbeitet und sich in Sachen Streckensicherung in diesem Jahr die örtliche Feuerwehr an die Seite geholt. „Wir sind beim Stammtisch ein paar Mitglieder weniger geworden und nicht alle konnten dieses Jahr dabei sein. Daher sind wir dankbar, dass uns die Einsatzkräfte der Wehr begleitet haben und begleiten durften“, so Jochen Dyszbalis. „Wir überqueren auf unserer Route die L 770. Die sperrt man für solch einen Verband nicht mal eben so.“ Erst im vergangenen Jahr war ein Mitglied des Bikerstammtisches bei der Streckensicherung in Rahden mutwillig von einem Autofahrer leicht verletzt worden.



Nicht nur die Zusammenkunft am Nordpunkt, der Gottesdienst und die Streckenausarbeitung bedürften aufwändiger Planung. Genehmigungen seitens des Kreises Minden-Lübbecke und auch von niedersächsischer Seite mussten eingeholt werden, denn dieses Mal ging es vom Nordpunkt aus zunächst ins niedersächsische Ströhen, über Steinbrink und Essern zurück in heimische Gefilde, weiter Richtung Tonnenheide, Espelkamp und letzten Endes über Rahden und entlang der Weher Bockwindmühle zurück ins Nordpunktdorf. „Da die Museumseisenbahn heute auch ihren Fahrtag hat, sind wir extra ein bisschen später gestartet, damit der Korso in Lavelsloh nicht von sich schließenden Bahnschranken geteilt wird“, hob Dyszbalis hervor, dass man für ein tolles gemeinschaftliches Fahrerlebnis selbst solche Feinheiten im Hinterkopf behalten habe.



Beim Gottesdienst auf dem Grundschulschulhof stellte Pfarrerin Sigrid Kuhlmann die „Seelentanke“ in den Mittelpunkt ihrer Predigt. „Jeder macht seine Kiste im Frühjahr saisonfertig, vom Batteriecheck bis zur Spritbefüllung an der Tanke. Doch auch die Seele braucht Nahrung, braucht Lebenssaft, um kraftvoll durchzustarten.“ Die Türme der Gotteshäuser, Autobahnkirchen und Kreuze seien ähnlich den Tankstellenlogos für Autos und Motorräder jene Symbole für Orte wo Menschen Kraft für sich selbst bekommen könnten.
Traditionell legten die Biker zum Gedenken an ihre tödlich verunglückten Kameraden ein Kreuz aus Motorradhelmen. Neun Mal ließ Gemeindepfarrer Roland Mettenbrink die Gedenkglocke für die 84 Motorradfahrer erklingen, die von Anfang Juli 2017 bis Ende Juni 2018 auf den Straßen NRWs ihr Leben verloren. Zum Abschluss der besinnlichen Zusammenkunft, die musikalisch von der Band „Return“ gestaltet wurde, sendeten die Motorradfreunde mit kollektiven Motorengeknatter ein lautstarkes „Biker-Halleluja“ gen Himmel. Dann ging es für die meisten Biker zurück zum Startpunkt, wo bei nahrhafter Stärkung durch den Moorhof Huck bis in die Nachmittagsstunden geklönt und gefachsimpelt wurde.



Wer sowohl am Nordpunkt als auch beim Gottesdienst in die Runde schaute, konnte sich einer Feststellung nicht erwehren: Vorwiegend Teilnehmer ab Mitte 30 bis hin zur Generation 70+ waren bei dem Treffen vertreten. „Das ist heutzutage generell so“, bestätigten die Mitglieder des Bikerstammtisches von anderen Treffen. Doch auch im neuen Medienzeitalter hätte sich die Begeisterung für PS-starke Maschinen nicht gewandelt, seien Motorradfahrer keine aussterbende Spezies. „Das große Gemeinschaftsgefühl suchen Biker erst ab einem gewissen Alter. Die jungen Biker sind Individualisten und fahren lieber für sich allein.“