- Kirchenkreis
- Gemeinden
- Kindergärten
- Gemeinsame Dienste
- Kirchenkreisstiftung
- Glauben leben
Die einheimische Fledermausart »Großes Mausohr« ist das Höhlentier des Jahres 2011 und auch in Rahden vertreten. Foto: dpaMirijam Voß vom Naturschutzbund Deutschland (NABU) beseitigt den Fledermaus-Kot vom Dachboden des Kirchenschiffes. Diplom-Landschaftsökologin Sandra Meier vom NABU im Kreis Minden-Lübbecke (links), überreicht Kirchenmeisterin Sonja Wiebke und Rahdens Pfarrer Rainer Rohrbeck eine Auszeichnung für ihr Engagement im Natur- und Artenschutz. Fotos (2): Julia Mausch
Rahdener St.-Johannis-Kirche erhält eine Urkunde vom Naturschutzbund Deutschland (NABU)
Von Julia Mausch
Rahden (WB). Sie hat große Ohren, kleine spitze Zähne, kommt meist nur in der Nacht zum Vorschein und ihre liebste Nahrung ist der schwarze Laufkäfer: das Große Mausohr. Die seltene Fledermaus ist in Rahden ein beliebter Gast und haust in der St.-Johannis-Kirche.
Turmfalken, Dohlen oder Schleiereulen nutzen Kirchtürme und andere Gebäude in Städten und Dörfern als Ersatz für natürliche Bruthöhlen in Felsen oder Bäumen. Auch Fledermäuse finden oft einen geeigneten Unterschlupf in der Kirchturmspitze und nutzen ihn treu jedes Jahr wieder. Viele der Arten leiden jedoch darunter, dass Brutmöglichkeiten in den Siedlungen zunehmend verloren gehen. Bei Kirchturmsanierungen werden zum Beispiel Einfluglöcher oder Brutnischen verschlossen oder Gitter zum Schutz gegen Tauben angebracht.
Anders ist das in Rahden. Zwar soll der Turm der St.-Johannis-Kirche auch in den kommenden Jahren saniert werden, jedoch stört das die Tiere eher weniger. »Die Fledermäuse leben bei uns nicht in der Turmspitze, sondern auf dem Dachboden des Kirchenschiffes«, sagt Pfarrer Rainer Rohrbeck.
Die Mitarbeiter wollen auch in Zukunft gewährleisten, dass sich die kleinen Säugetiere in Rahden wohl fühlen. Für ihr besonderes Engagement im Natur- und Artenschutz wurde die Kirche Rahden nun vom Naturschutzbund Deutschland (NABU) und dem »Beratungsausschuss für das deutsche Glockenwesen« mit der Plakette »Lebensraum Kirchturm« ausgezeichnet. Die St.-Johannis-Kirche in Rahden ist im Kreis Minden-Lübbecke seit 2007 das zweite Gotteshaus, das die Auszeichnung erhält - insgesamt mehr als 500 Gotteshäuser in der Bundesrepublik haben sich dem Tierschutz verschrieben. Auch in eine Kirche in Oeynhausen-Eidinghausen quartieren sich jährlich seltene Tiere in der Turmspitze ein. Im kommenden Jahr soll auch die Marienkirche in Minden für ihr Engagement in Sachen Artenschutz ausgezeichnet werden. »Mit dieser Auszeichnung wollen wir denjenigen danken, die sich dafür einsetzen, dass bedrohte Tierarten erhalten bleiben«, sagt Diplom-Landschaftsökologin Sandra Meier, vom NABU im Kreis Minden-Lübbecke. Zwar wäre der Name der Auszeichnung für Rahden nicht so ganz zutreffend, denn die Tiere würden ja nicht im Turm leben, jedoch in der Kirche. Nicht nur die Gotteshäuser werden ausgezeichnet, in denen bereits Fledermäuse, Eulen oder Falken leben, sondern auch die, die sich dafür einsetzen, dass bald welche einziehen. »Nistkästen anzubringen ist da bereits ein Anfang«, informiert die NABU-Beauftragte.
Zu diesen selten gewordenen Tieren gehört auch die Fledermaus-Gattung Großes Mausohr. Bis vor einigen Jahren gab es in der Rahdener Kirche noch etwa 300 Tiere, heute sind es nur noch 150. »Viele Bürger wissen gar nicht, dass es eigentlich völlig untypisch für diese Fledermausart ist, sich hier in Rahden auszubreiten«, sagt Sandra Meier. Die Tiere würden eigentlich warme Gebiete bevorzugen, Rahden liege dagegen an der nördlichen Verbreitungsgrenze. »Es ist etwas ganz besonders, dass hier in der Rahdener Kirche die Tiere leben.«
Das Große Mausohr, das eine Spannbreite von 40 Zentimetern hat und durchschnittlich 30 Jahre alt wird, sucht seine Nahrung meist in Buchenwäldern. »Der Wald muss wenig Unterwuchs haben, denn sie fangen ihr Fressen auch vom Boden aus und laufen denen auch mal hinterher«, erklärt die Diplom-Landschaftsökologin. Da solche Buchenwälder jedoch nur noch selten zu finden sind, wird auch die Anzahl der Fledermäuse in Rahden immer geringer.
Zur Zeit halten sich die Fledermäuse in Stollen im Wiehen- und Wesergebirge auf - also Untertage. »Im März kommen sie wieder zurück, vielleicht auch später, je nachdem wie kalt es ist«, sagt Sandra Meier. Damit die kleinen Tiere sich dann auch in der St.-Johannis-Kirche »pudelwohl« fühlen, säubern in den kommenden Wochen die Mitarbeiter des Naturschutzbund Deutschland den Dachboden des Kirchenschiffes. Sie entfernen den Fledermauskot, was nicht schwierig ist, da dieser in der Regel durch den hohen Chitinanteil sehr trocken ist.
WB Artikel vom 31.12.2011
Rahden. Zu den Gottesdiensten besuchen viele Gläubige die St.-Johannis-Kirche. Das Gotteshaus wird aber nicht nur von Menschen aufgesucht. Auch eine andere Spezies ist hier in der wärmeren Jahreszeit gern zu Gast. Im Sommer ist der Dachraum von St. Johannis Kinderstube des Großen Mausohres, einer besonders seltenen Fledermaus-Gattung. Naturschutz in geweihten Mauern – dafür hat die evangelische Kirchengemeinde Rahden gestern eine Anerkennung bekommen.
Mitarbeiter des Naturschutzbundes (Nabu) haben gestern damit begonnen, den Raum über dem Gewölbe von den Hinterlassenschaften des Großen Mausohres zu säubern. Zahlreiche Helfer waren dabei, den Kot in mühevoller Kleinarbeit aufzusammeln. Der kann durchaus Verwendung finden – als Dünger, berichtet Sandra Meier, ehrenamtliche Fledermaus-Schützerin des Nabu-Kreisverbandes Minden-Lübbecke.
Der Kot von Fledermäusen sei bei weitem nicht so aggressiv wie der von Vögeln. Trotzdem liege er auf der Dämmung unterm Kirchendach – und das muss schließlich kein dauerhafter Zustand sei
Während die zahlreichen Nabu-Mitglieder den
Dachraum säuberten, hatte Sandra Meier gestern für die
evangelisch-lutherische Kirchengemeinde einen Umschlag mitgebracht.
Darin steckten eine Urkunde und eine Plakette mit dem Slogan
„Lebensraum Kirchturm“
„Lebensraum Kirchturm“ ist ein
gemeinsames Projekt des Naturschutzbundes und des
Beratungsausschusses für das deutsche Glockenwesen. Beide Vereine
würdigten mit der Verleihung von Urkunde und Plakette den Einsatz
der Kirchengemeinde für Natur- und Artenschutz. Über diese
Anerkennung freuten sich gestern Pfarrer Rainer Rohrbeck und
Kirchmeisterin Sonja Wiebke.
Das Projekt „Lebensraum Kirchturm“
existiert seit vier Jahren. Insgesamt seien damit bereits mehr als
500 Kirchen ausgezeichnet worden, betonte Sandra Meier. St. Johannis
in Rahden ist das erste Gotteshaus im Lübbecker Land, das auf diese
Weise ausgezeichnet wurde. Erste Kirche im Kreis Minden-Lübbecke,
die die Plakette für Tier- und Artenschutz bekam, war die Kirche im
Bad Oeynhauser Ortsteil Eidinghausen. Als nächste wird St. Marien in
Minden folgen, wo Turmfalken zuhause sind.
In Rahden ist es zwar nicht der Kirchturm,
der seltenen Tieren eine Heimat bietet, sondern der Dachraum über
dem Kirchenschiff. Dafür gibt es hier mit dem großen Mausohr aber
seit rund 15 Jahren ganz besondere und seltene Bewohner.
Das Große Mausohr hat eine Spannweite von 40
Zentimetern und ist nach Angaben von Sandra Meier die größte in
Deutschland vorkommende Fledermaus-Art. Sie steht wie alle anderen
Fledermaus-Gattungen unter Schutz. Und das Große Mausohr ist sehr
selten: Auf einer Linie von Osnabrück nach Hannover gebe es nur in
einigen Kirchen Vorkommen.
Diese Linie sei schon eine nördliche Grenze,
meint Meier. Eigentlich bevorzuge das Große Mausohr wärmere
Gefilde.
Bei der gestrigen Aufräum-Aktion wurden die
Fledermäuse aber nicht gestört. Die Mausohren überwintern laut
Meier derzeit in Stollen im Wiehen- und im Wesergebirge. Im Sommer
ziehen sie dann unter dem Dach von St. Johannis ihren Nachwuchs auf –
in der Regel ein Junges pro Wurf.
Wegen der seltenen Bewohner ist der Dachraum
von St. Johannis seit einigen Jahren auch FFH-Gebiet. Rahden dürfte
somit eines der kleinsten Gebiete aufweisen, das diesen europäischen
Fauna-Flora-Habitat-Schutzstatus besitzt.
Zeitweise gab es unter dem Kirchendach mehr
als 300 Große Mausohren. Mittlerweile liegt deren Zahl nach
Nabu-Angaben bei etwa 150. Der Rückgang liege daran, dass die
Bedingungen in der Natur nicht unbedingt besser geworden seien, so
Meier.
Das Große Mausohr jage schließlich gern in
lichten Buchenwäldern. Auf dem Speiseplan steht dabei der „Schwarze
Laufkäfer“. Dem spürt das Große Mausohr während des Fluges in
Kniehöhe durch die Wälder nach. Vernimmt die große Fledermaus ein
Rascheln, dann landet sie. Die Jagd, berichtet Fledermaus-Fachfrau
Sandra Meier vom Naturschutzbund, setze das Große Mausohr dann auch
schon mal zu Fuß fort.
NW 31.12