Evangelischer Kirchenkreis Lübbecke

25 Jahre Tonnenheide - Interview mit Micaela Strunk- Rohrbeck und Rainer Rohrbeck

„Ist doch klar, dass wir helfen. Wir sind doch eine Gemeinde.“



Vor 25 Jahren wurde Micaela Strunk-Rohrbeck Pfarrerin der Kirchengemeinde Tonnenheide. Das Interview mit dem Pfarrehepaar führte Christine Scheele

CS. Sie sind nun seit 1986 in Tonnenheide. Wie erlebten Sie Ihre Anfänge?

MSR:. Wir haben uns hier von Anfang an wohlgefühlt, denn in der Gemeinde herrschte eine offene und hilfsbereite Atmosphäre. Viele Gemeindeglieder bezeichnen sich zwar selbst nicht als regelmäßige Kirchgänger. Aber sie standen immer sofort mit Herz, Hand und Geld bereit, wenn die Gemeinde Hilfe nötig hatte. Das ist bis heute so geblieben. So sagte ein Gemeindeglied, als wir uns für sein Engagement bedankten: „Ist doch klar, dass wir helfen. Wir sind doch eine Gemeinde.“ Das gibt ein gutes Gefühl. Darüber hinaus war die Atmosphäre offen. Es gab keine Berührungsängste mit neuen Angeboten wie Kinderbibelwochen und Tauferinnerungsgottesdiensten. Übrigens war ich die erste Gemeindepfarrerin im Nordkreis. Das war schon etwas Besonderes. In einer benachbarten Kirchengemeinde erzählte man sich: „Nun sind die Tonnenheider ganz verrückt geworden. Sie haben eine Frau gewählt.“  Aber die Gemeinde hatte die Chance ergriffen, gleich zwei Pfarrer zu bekommen, weil ich mit meinem Mann die Stelle teilen wollte. Er kam nach seinem Vikariat ein Jahr später in die Pfarrstelle.
Ganz typisch für die Anfänge im Verwaltungsbereich waren Matrizen und Kohlepapier. Ich kann den Alkoholgeruch förmlich noch riechen, wenn die Gemeindesekretärin mit der Kurbel drehte, um Liedzettel zu drucken. Nachrichten an die Zeitung haben wir mit Kohlepapier durchgepaust und dann in den Redaktionen abgegeben.

CS. Was ist in den 25 Jahren anders geworden?

RR: Die Zahl der Älteren ist gestiegen. Es gibt immer mehr Goldhochzeiten, aber dafür immer weniger Trauungen. Wir besuchen alle Gemeindeglieder ab 80 zum Geburtstag, und auch diese Besuche nehmen zu. Haben wir früher die Eltern besucht, so sind es jetzt deren Kinder, die auch schon 80 und älter sind. Die letzte kirchliche Trauung in Tonnenheide hingegen ist fast ein Jahr her. Daran kann man deutlich sehen, dass die kirchliche Bindung im Blick auf Trauungen deutlich zurückgegangen ist- vielleicht, weil andere Orte wie Hochzeitsmühle oder Bahnhof auch einen festlichen Rahmen bieten. Eine kirchliche Trauung scheint dann nicht mehr so wichtig. Im Gegensatz dazu sind die Tauferinnerungsgottesdienste eine gute Tradition geworden. Wir gestalten sie seit 21 Jahren gemeinsam. Es ist für viele Familien selbstverständlich, dann zum Gottesdienst zu gehen.
MSR.: Eine weitere große Veränderung kam mit der Verschiebung der Gemeindegrenzen nach dem Wegfall der Pfarrstelle von Pastor Lansky. Ich betreue seitdem auch die Gemeindeglieder in Stelle/Stellerloh.. Einen bedeutsamen Einschnitt gab es auch durch die Reform der Konfirmandenarbeit. Durch den Nachmittagsunterricht der Schulen mussten wir den Unterricht neu strukturieren. Er wird nur noch im ersten Jahr im wöchentlichen Rhythmus errteilt, im zweiten Jahr finden monatliche Thementage am Samstag statt. In kurzer Zeit Kult geworden ist unsere Aktion ‚Rahden geht baden’. (Übrigens sind auch die Konfirmandenzahlen in unserem Bezirk gestiegen.
RR.: Es kommt immer wieder vor, dass Familien ihre Kinder taufen lassen möchten, wo wir schon Vater oder Mutter im kirchlichen Unterricht hatten. Manchmal bin ich sehr überrascht: Es ist immer wieder erstaunlich, wie aus pubertierenden Jugendlichen verantwortungsvolle Taufeltern werden.

CS.: Was ist Ihnen bis heute wichtig geblieben?

MSR.: Die Zusammenarbeit mit den Ortspresbytern ist klasse. Das sind Menschen die mit anpacken. Das macht die Arbeit hier unkompliziert. Auch in unseren Küsterinnen haben wir immer gute Unterstützung gefunden. Was aber eine wichtige Rolle spielt, ist: Wir sind als Familie heimisch geworden. Unsere vier Kinder sind hier zu Hause, und auch wenn nur noch der Jüngste hier wohnt, so kommen die anderen doch gerne hierher. Seit wir in unserem eigenen Haus wohnen, mache ich sehr gerne Gartenarbeit. Wir können hier Rad fahren und Pilze sammeln. Hier sind viele Beziehungen gewachsen, die uns sehr wichtig sind.
RR.: Uns liegt sehr an der Zusammenarbeit mit der Dorfgemeinschaft. Ein wichtiges Beispiel ist das „Energiedorf Tonnenheide“. Auf diese Weise nehmen wir persönlich und als Kirchengemeinde unsere Schöpfungsverantwortung ernst. Privat spiele ich noch immer bei der Eintracht Tonnenheide Fußball.
Wir freuen uns auch über „WeTo“. Die Gruppe wurde vor 13 Jahren als Projekt gegründet. Jugendliche und Erwachsene wollten gemeinsam Musik machen. Daraus entstand ein Chor, der die Arbeit der bereits bestehenden Chöre ergänzt. Beim Festgottesdienst, den wir am 11. September um17 Uhr in der Tonnenheider Kirche feiern, singt der Chor „Die kleine Gospelmesse“ von Ralf Grössler. Im Anschluss daran ist die Gemeinde zu Suppe und Umtrunk eingeladen.