Bikertreffen
Mit aufheulenden Motoren verstorbener Kameraden gedacht
– Bikertreffen am Pr. Ströher Nordpunkt lockte mit besinnlichen und geselligen Momenten rund 180 Motorradfahrer an die Landesgrenze
Text und Fotos: Anja Schubert
Pr.Ströhen. Es ist dieser einmalige Sound, der Freiheit bedeutet, das tiefe Grummeln der Motoren gepaart mit Benzingeruch, guter Kameradschaft und ein ganz besonderes Naturerlebnis, das in jedem Motorradfahrer steckt. Faszination und Leidenschaft ließen am Tag der Deutschen Einheit rund 180 stolze Besitzer blitze-blank geputzter heißer Öfen aus Südniedersachsen und ganz NRW den Weg zum 14. Bikertreffen am Nordpunkt in Pr. Ströhen finden.
Das Wetter ließ am Morgen noch viele mit sich ringen. Doch mit zunehmendem Aufklaren erreichten mehr und mehr „heiße Öfen“ ihr Ziel, wo vor der gemeinschaftlichen Ausfahrt das Frühstücksbüfett des Oppenweher Moorhof-Team eine nahrhafte Stärkung bot. Pünktlich um 11 Uhr wurde aufgesattelt. Für das gemeinschaftliche Cruisen durch die Region hatten die Mitglieder des Bikerstammtisches wieder eine ansprechende Tour ausgearbeitet. Dort begann im Schatten der Immanuelkirche am Mittag auf dem Schulhof der Bikergottesdienst, an dem auch wieder Bewohner der Rahdener Behinderteneinrichtung „Haus Aleida“ teilnahmen.
„Motorradfahren ist die wildeste Spielart einer friedlichen Seele, die Ruhe und Stille unterm Helm eine besondere Art von Einkehr“, so Pfarrer i.R. Ulrich Hüsemann, der den Gottesdienst leitete. Nicht umsonst pflichteten viele Biker der Aussage des Seelsorgers „Meine Klosterzelle ist das Motorrad“ bei. Es seien besondere Momente, die Eindrücke der Umgebung auf sich wirken zu lassen. Hüsemann verglich das Bewältigen kurviger steiler Strecken mit dem Erklimmen der Berge, wie einst die Jünger es taten. „Den offenen Himmel sehen, abschalten vom Alltag, relaxen und wieder auftanken, das finden wir alles bei unseren Touren. Jesus gönnt uns diese Zeit des Auftankens, das Spüren der wärmenden Sonne durchs Visier.“ Doch es gebe nicht immer nur schöne Touren und sanfte Kurven, sondern leider auch den oft von Hektik und Leid durchzogenen Alltag. „Gott öffnet uns aber immer wieder Fenster, damit wir seinen Atem als frischen Windhauch spüren. Mit ihm als Sozius sind wir gut unterwegs.“
Unterstützt wurde Hüsemann, selbst eingefleischter Biker, bei der christlichen Zusammenkunft von Mitgliedern des Bikerstammtisches sowie dem Heimatvereinsvorsitzenden Bernhard Wietelmann. Obwohl krankheitsbedingt stark dezimiert sorgte die Gottesdienstband „Return“ für einen mitreißenden musikalischen Rahmen.
Sechs Mal ließ Heimatvereinsvorsitzender Wietelmann die Glocke zum Gedenken an die 67 Biker erklingen, die in dieser Saison ihr Leben lassen mussten. Im zweiten Halbjahr 2015 habe es 40 Motorradfahrer zu beklagen gegeben, in der ersten Hälfte 2016 seien es 27 Getötete. Die Biker legten zudem ein Gedenkkreuz mit ihren Helmen. „Sendet mit sattem Sound ein Halleluja in den Himmel“, motivierte Hüsemann anschließend. Eine Aufforderung, der die Biker mit kollektiven „Aufheulen“ ihrer Maschinen mehr als gerne nachkamen. Das Motto „Laut ist out“, wurde zum Gedächtnis der Verstorbenen kurzerhand außer Kraft gesetzt, die Mischung aus knatternden Motoren und Benzinduft zu einem beeindruckenden Erlebnis.
Noch einmal ging es nach dem Gottesdienst gemeinschaftlich zurück zum nördlichsten Punkt NRWs. Hier durfte hier bis in die späten Nachmittagsstunden geklönt und gefachsimpelt werden. Organisiert wurde die Veranstaltung erneut von Bikerstammtisch, Kirchengemeinde, Heimatverein, Kirchenk reis und der Bikers Church Westfalen. Anja Schubert