Evangelischer Kirchenkreis Lübbecke

Jede Pfeife war zu hören!



Pastorin Barbara Fischer (v. l.) Kantorin Ingeborg Renz, Organist Christoph Grohmann und Orgelbauer Matthias Johannmeier

Orgelsommer in Gehlenbeck: Die frisch gereinigte Orgel wurde mit einem Improvisationskonzert der Gemeinde vorgestellt. Orgelbauer Johannmeier erklärte, was bei einer solchen Renovierung geschieht.

Von Robert Rolf Grundmann
Lübbecke–Gehlenbeck. Mehr als 40 kleine grüne Zettel mit Musikwünschen konnte Organist Christoph Grohmann vor dem Improvisationskonzert in der St. Nikolaus-Kirche in Empfang nehmen, um daraus das Programm für den Abend zusammenzustellen. Das sei eine sehr rege Beteiligung, so der Musiker. Ein solches Konzert sei immer ein großes Abenteuer, für ihn, aber auch für das Publikum. Wenn er jetzt die Mehrfachnennungen abziehe, bleibe doch eine sehr große Bandbreite von Musikwünschen aus dem evangelischen Gesangbuch und aus Volksliedern. Einige davon werde er gerne erfüllen. Um möglichst vielen Wünschen nachkommen zu können, ließ der Organist die angekündigte „Suite über bekannte Themen aus Frankreich“ entfallen. Dafür wurde zum Ausklang gefragt: „Weißt Du, wie viel Sterne entstehen?“. Auf mehrfachen Wunsch hieß es dann auch noch: „Geh aus mein Herz und suche Freud“. Das sei immer der Spitzenreiter, hatte Grohmann schon in seinen Begrüßungsworten erläutert.
Der Weg dorthin begann mit einem Dank an die ehrenamtlichen Helferinnen Andrea Keiser und Ute Kämper und die Küsterin Jutta Niemeier, ohne die die Renovierung der Orgel nicht möglich gewesen wäre – ausgesprochen nicht nur von Pastorin Barbara Fischer, sondern auch vom Orgelbauer, Matthias Johannmeier, der kurz erläuterte, was alles bei einer solchen Reinigung und Überprüfung passiert (siehe Kasten). Fischer stellte den Abend unter das Wort: „Herr, ich habe lieb die Stätte Deines Hauses und den Ort da Deine Ehre wohnt“. Den musikalischen Anfang setzte Christoph Grohmann mit einem „Präludium im norddeutschen Barockstil“, in diesem Falle orientiert an Dietrich Buxtehude. Von der Orgelempore aus sagte der freiberufliche Orgeldozent und Konzertorganist die Musikstücke an, zu denen er dann Improvisationen und 'Improvisatiönchen' erklingen ließ. So gab es zu den Tönen „H – E – G – E“, einem in Gehlenbeck wohlgelitten Namen, eine fröhliche Klangfolge. Lieder aus dem evangelischen Gesangbuch erklangen in völlig neuem Gewande, so unter anderem „Ich singe Dir mit Herz und Mund“, „Ich stehe vor Dir mit leeren Händen, Herr“ und „Lobet den Herrn“. Ein alter spanischer Tanz kam eher majestätisch daher, wogegen es Gerhard Terstegge bei Neuvertonung eines Nikolausliedes als Hymne für den kürzlich eröffneten Nikolausweg zwischen Gehlenbeck und Bergkirchen darauf angekommen war, den Rhythmus des Gehens auf diesem Pilgerweg aufzunehmen.
Lebhafter Zwischenapplaus und kräftiger Schlussapplaus zeigten, dass die Zuhörer beeindruckt waren von der Klangfülle der „Königin der Instrumente“ aus dem Hause Steinmann. Das Lob für den Organisten fasste eine Zuhörerin so zusammen: „Er hat alles aus der Orgel herausgeholt – irgendwann während des Konzerts war jede der Pfeifen zu hören“.

Orgelbauer Matthias Johannmeier erzählt:
„Man sagt, im Prinzip muss eine Orgel etwa alle 20 Jahre gereinigt werden. Stellen Sie sich vor, man würde zu Hause 20 Jahre nicht putzen. Da sammelte ich sich eine ordentliche Menge Staub an. Bei einer Orgel ist das nicht anders. Eine Orgel ist wie ein großer Schrank, in dem ganz viele Pfeifen stehen, so wie zu Hause im Schrank ganz viel Geschirr und anderes steht. Man nimmt also alles Geschirr, Besteck usw. heraus, packt es in den Geschirrspüler, putzt den Schrank aus und räumt wieder ein. Aus dem schmal gebauten Orgelgehäuse müssen über 1000 Pfeifen von bis zu 3 m Länge und 20 cm Durchmesser ausgebaut herausgeholt und zwischengelagert werden, um sie dann mit Luftdruck und Reinigungsmitteln vom Staub zu befreien. Das Orgelgehäuse mit der „Windkraft“ und Spielmechanik wird ebenfalls gereinigt. Verschleißteile müssen nach über 20-jähriger Nutzung ausgetauscht werden, sonst ist Frau Renz unzufrieden, hört hier was klappern, da was quietschen – das möchte man keinem Organisten und keiner Kantorin zumuten. Dann kommt der für uns Orgelbauer spannende Teil – die Pfeifen werden reihenweise, also Registerweise wieder eingebaut und eingestimmt. Dafür wird ein Register mithilfe eines kleinen Gerätes gestimmt und alle weiteren Register werden dann auf diese „Grundstimmung“ abgestimmt. Das heißt in der Kirche herrscht absolute Ruhe und diese weitere Abstimmung erfolgt rein nach Gehör. Diese Intonation, dieser Gesamtklang ist das, was die Gemeinde am Ende zu hören bekommt".

Orgelspiel nach Wunschzettel
Improvisationskonzert an renoviertem Instrument – große Resonanz


Jessica Eberle
Gehlenbeck(WB). Man nennt sie zu Recht die Königin der Instrumente – soviel steht zumindest für Orgelbaumeister Matthias Johannmeier und Organist Christoph Grohmann fest. Der Klang der frisch renovierten Steinmann-Orgel in der St.-Nikolaus-Kirche in Gehlenbeck und das, was der Künstler ihr entlockte, gefiel den Besuchern beim Orgelsommer.
Beinahe majestätisch ragen die Orgelpfeifen fast bis zur Decke der kleinen Kirche in Gehlenbeck. Die Orgel gehört in das Gotteshaus wie die Bibel zum Christentum und der Wein zum Abendmahl. In Gehlenbeck ist das Tasteninstrument seit 1962 präsent. Zahlreiche Choräle wurden unter seinem Klang bereits angestimmt. Hin und wieder, genauer gesagt alle 20 Jahre, so Orgelbaumeister Matthias Johannmeier, muss die Orgel gereinigt werden. Auch in Gehlenbeck wurde es mal wieder Zeit, denn die letzte Säuberung gab es in den 90-er Jahren.
Doch wie reinigt man die meterlangen Pfeifen? Johannmeier sagte: »Solche Orgelpfeifen kann man natürlich nicht in den Geschirrspüler stecken, da gibt es andere Möglichkeiten.« Zunächst einmal müssten die teils drei Meter langen Pfeifen aus der Orgel entnommen werden, das dauere allein schon drei Tage. Johannmeier: »Schließlich werden die einzelnen Pfeifen mittels Kompressor ausgeblasen und mit etwas Lauge gereinigt.« Nun erstrahlt die Orgel nicht nur in neuem Glanz: Es wurde zudem an Spielmechanik und neuen Lichtern gefeilt.
Christoph Grohmann aus Rheda durfte »die Königin der Instrumente« mit einem Improvisationskonzert einweihen. Hierfür konnten die Besucher vor Beginn des Konzerts Wünsche an den Organisten auf Zetteln notieren. Grohmann war überrascht von der Resonanz: »Das sind bestimmt 30 bis 40 Lieder, so viele Wünsche hatte ich auch noch nicht.« Thematisch sollten sich die Besucher auf sommerliche Volkslieder und Choräle einigen.
Zu Beginn stimmte Grohmann jedoch das Präludium im norddeutschen Barockstil und eine Suite über bekannte Themen aus Frankreich an. Schließlich widmete er sich den Improvisationen, bei denen er spontan hier und da ein paar Akkorde änderte. Auf diese Weise wurden die Choräle zu echten Unikaten. Wenn die Orgel die Königin aller Musikinstrumente ist, so war Grohmanns Interpretation ein königlicher Hofknicks, der in ebenso königlichen Applaus mündete. Die nächste Veranstaltung in der Reihe ist am Sonntag, 12. August, um 14 Uhr ab Michaelskirche in Espelkamp eine Orgelsommertour.

WB 7.8.2018