Evangelischer Kirchenkreis Lübbecke

Worte der Besinnung für den 31. Oktober 2021

Pfarrerin Christine Scheele

Kennen sie auch Momente, in denen alles richtig ist? Da braucht nichts gerade oder ins rechte Licht gerückt zu werden. Es ist vollkommen, so wie es ist.

Mir geht das bei der Musik so, wie etwa beim Stabat Mater von Dvorak, das ich vor einiger Zeit hören durfte. Oder beim Malen, Gedichte schreiben, oder ganz einfach, wenn ich am Meer bin.
Wenn ich aufs Wasser schaue, dann fehlt nichts, ich brauche nichts, manchmal denke ich sogar nichts. Es ist alles einfach gut so. Regelmäßig sitze ich im Andachtsraum des Krankenhauses und bete für die Menschen hier im Haus. Da wird es manchmal ganz still, nichts muss anders werden, alles ist O.K. auch wenn ich mir Veränderung wünsche. Vielleicht mag so mancher einwenden, so einfach ist das nicht. Es liegt so vieles im Argen, das wir das nicht übersehen sollten. Probleme sind da, Krankheiten schwächen, Enttäuschungen zehren am Selbstvertrauen. Es gibt Menschen, die machen mir das Leben schwer. Das kann ich nicht bestreiten.
Ich bestreite aber, dass das die einzige Sicht auf die Dinge ist. Und bleibe dabei: Es gibt diese Momente, in denen alles an seinem Ort ist, vollkommen. Und auch wenn es nur Momente sind, ich sie nicht festhalten kann, es ist ein Fingerzeig Gottes. In diesen Momenten spüre ich, wie Gott die Welt gemeint hat. In unser Wünschen und Wollen hinein strahlt ein Licht, dass mir das Vertrauen gibt, alles ist O.K. In unser enttäuschtes Leben hinein sagt Gott: Alles wird gut!

Auch wenn wir manches anders haben wollen, als es ist, Gott ist da. Er schenkt Momente des Zufriedenheit und manchmal des Glückes. So heißt es im Wochenspruch: Heilig, heilig, heilig ist der Herr Zebaoth, alle Lande sind seiner Ehre voll! Das Leben ist heilig. Manchmal erkennen wir es, manchmal spüren wir diese Augenblicke und sind erfüllt.

Das heißt nicht, dass ich mir das Leben und die Welt schön rede. Krankheit ist nicht schön, ich finde das Leichte besser als das Schwere, Loslassen tut weh und ist oft mit Enttäuschung verbunden. Aber in alledem scheinen die Momente auf, die erfüllen mich und andere. Das Leben und die Umstände werden nicht anders, als sie sind, aber mein Blick auf die Dinge wird ein anderer, vielleicht verliert er seine Kälte und wird mitfühlend. Ja, dass ist es auch! Mitfühlend mit mir selber zu sein und zu werden. In dem was nicht O.K. ist, ist alles O.K. Da bin ich sicher. Rainer Maria Rilke schreibt: „Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen, die sich über die Dinge ziehn.Ich werde den letzten vielleicht nicht vollbringen, aber versuchen will ich ihn. Ich kreise um Gott, um den uralten Turm, und ich kreise jahrtausendelang; und ich weiß noch nicht: bin ich ein Falke, ein Sturm oder ein großer Gesang.“


Pfarrerin Christine Scheele