Evangelischer Kirchenkreis Lübbecke

Worte der Besinnung für den 19. Oktober 2024

Prädikantin Miriam Wegener-Kämper

Neulich hatte Frau Müller ein Gespräch mit Gott. Es ging ums Wetter, darum, was er sich damit so denkt. Sie ärgerte sich gehörig. Und man kann vieles über Gott sagen, aber: Er drückt sich nicht vor Krisengesprächen.
„Was, bitte, Gott, soll das heißen: Du lässt die Sonne aufgehen über Böse und Gute und lässt es regnen über Gerechte und Ungerechte?“, platzt sie heraus. Das hatte Jesus über ihn gesagt. Und der muss es schließlich wissen. „Verrat mir, was du daran nicht verstehst“, entgegnet Gott freundlich. Und während Frau Müller noch denkt, dass das doch wohl eine ziemlich dumme Frage ist, meint Gott schon: „Ah! Du findest das ungerecht. Dass ich es auch gut mit den Bösen meine. Dass ich auch sie versorge und mich um sie kümmere. Dass ich auch für sie nichts als Liebe empfinde.“

Ach ja, daran hatte sie nicht gedacht. Dass er ja weiß, was sie denkt und fühlt und so. Das kann er richtig gut.

Ein wenig fühlt Frau Müller sich ertappt. Aber vor allem bestätigt, denn genau so sieht sie es. Wie soll man das auch fair finden? Wenn alle das Gleiche kriegen, egal, ob sie es brauchen oder nicht - geschweige denn, ob sie es überhaupt verdienen?

Sie redet sich richtig in Rage: „Komm mir jetzt nicht mit ‚Du bist ein Mensch und kannst Menschen-Sachen und ich bin Gott und kann Gott-Sachen.‘ Dass ich das nicht verstehe und so!“
Schmunzelt Gott etwa, oder bildet sie sich das nur ein?! Als er spricht, ist seine Stimme jedenfalls ganz ruhig: „Hast du das Gefühl, zu kurz zu kommen?“ Nein, das nicht, muss Frau Müller zugeben - aber darum geht es auch gar nicht. Doch er redet schon weiter: „Ihr sitzt alle in einem Boot. Auf der Erde. Im Leben. Manchmal ist euch das nicht bewusst. Vielleicht wollt ihr es auch nicht wahrhaben. Aber es ist so. Alle. In einem Boot. Und eure Aufgabe ist, das zusammen hinzukriegen. Ohne mich loben zu wollen – ich hab das mit euch und der Erde ziemlich gut angefangen. Seitdem Sonne und Regen für alle. Die Ausstattung stimmt also. Und jetzt seid ihr dran. Gemeinsam!“
Hm. Das sitzt, denkt sie. Ist ja auch wirklich nicht fair, immer Gott den schwarzen Peter zuzuschieben, wenn wir nicht mehr klarkommen.
Frau Müller fällt ein, wie Jesus überhaupt auf die Sache mit Sonne und Regen für alle kam. Angefangen hatte er mit „Liebt eure Feinde und bittet für die, die euch verfolgen.“
Sie überlegt. Wenn es stimmt, dass wir alle in einem Boot sitzen, dann bringt es nichts, sich nur übereinander aufzuregen. Einander zu beneiden, schlecht zu machen. Gegeneinander zu sein. Dann geht nichts voran.
Unterstützung ist besser. Viel besser. Ermutigung, Freundlichkeit, ja: Vergebung. Gutes teilen und gönnen. Ein Miteinander! Damit alle ihren Platz im Boot finden - und ans Ziel kommen.
Und der Rest? Das, was ihr immer noch quer sitzt? Denn alles war für sie nicht geklärt. Dazu sagte Frau Müller zwinkernd zu Gott: „Das ist definitiv eine Gott-Sache. Darum kannst du dich kümmern!“


Miriam Wegener-Kämper, Prädikantin in Nettelstedt