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Es ist ja im Moment so ein Trend in unserer Mecker- und Jammergesellschaft, auf allem und jedem herumzuhacken. Da kriegt auch die Kirche ihr Fett weg. Das gehört anscheinend zum Zeitgeist. Heute möchte ich mal allen, die uns zu viel „Zeitgeist“ zur Last legen, entgegenkommen. Vor etwa 50 Jahren hat ein gewisser Pater Leppich gepredigt: „Wisst ihr, warum ich an diese Kirche glaube? – Weil dieser Saustall zweitausend Jahre nicht untergegangen ist!“ Die Kirche – ein Saustall. Recht hat er angesichts der vielen Schwächen, die die Kirche trotz ihres hohen Anspruchs immer wieder gezeigt hat. Das hat schon vor den Kreuzzügen angefangen und hört bei den Missbrauchsfällen leider nicht auf. Wir sind ein Saustall. Mit einem befreiten Gefühl kann ich nur zustimmen. Mein Lieblingstheologe Manfred Lütz schreibt dazu: „Es ist auch in Wirklichkeit sehr tröstlich. Stellen wir uns nur einmal vor, die Kirche würde aus lauter Engeln oder wenigstens Halbengeln bestehen. Das wäre doch total frustrierend – für uns Normalverbraucher nämlich. Wir hätten dann mit unseren Macken und Fehlern keinerlei Chance auf Erlösung.“
Die Kirche – ein Saustall. Hinter diesem Label steckt ein ganz wunderbares Angebot an die Mecker- und Jammergesellschaft, die immer nach einem Schuldigen sucht, den sie in die Wüste schicken kann: Der Weg zu einem guten Umgang mit Scheitern. Scheitern darf ja nicht sein. Sonst kommen die Geier und zerfleddern eine komplette Lebensleistung, bis davon nichts mehr übrig ist. Scheitern gehört aber zum Alltag und zum Leben dazu. Im Saustall erst recht. Darum ist es kein alter Hut, wenn die Bibel voll ist von Geschichten vom Vergeben, vom Versöhnen, vom neu Anfangen. Im Gegenteil: das ist der Kitt, der eine Gemeinschaft, in der Menschen immer wieder scheitern, zusammenhält. In einem auch etwa 50 Jahre alten Kirchenlied aus der DDR heißt es genau deshalb (auf die Melodie von „Yellow Submarine“ von den Beatles): „Besser sind wir nicht, aber besser sind wird dran: Jesus macht uns frei, fängt neu mit uns an“. Wer nicht vergibt, lässt sich vollkommen von den Fehlern und dem Scheitern in der Vergangenheit vereinnahmen – und hängt im „Früher“ fest. Nur ein guter Umgang mit Schuld und Scheitern befreit davon. Freilich – es muss benannt und angeschaut werden. Das 4. Buch Mose erzählt, dass das Volk sauer auf Gott und Mose ist, als die Verpflegung auf dem Weg der Freiheit wieder mal knapp wird. Dann wird Gott auch sauer und schickt Schlangen ins Lager, die die Leute beißen. Mose bittet für das Volk und baut ein Mahnmal mit einer Schlange aus Erz, und wer sie anschaut, wird verschont. Ein gutes Beispiel aus unserer Zeit ist das Holocaust-Mahnmal in Berlin. Vergebung und Anschauen – beides gehört zu einem guten Umgang mit Scheitern. Das eine gibt es nicht ohne das andere. Auch in der Kirche gelingt das leider nicht immer. Aber wo es gelingt, wirkt die Kraft, die den Saustall bis heute zusammenhält.