Evangelischer Kirchenkreis Lübbecke

Worte der Besinnung für den 10. August 2024

Pfarrer Michael Beening

Das Licht im Saal verlischt. Die Spotlights erstrahlen über der Showtreppe. Strahlend singend und leichtfüßig auf High Heels tanzend schreitet die Sängerin Stufe um Stufe zur Bühne hinab. Das ist ihr großer Tag! Endlich hat sie alle Konkurrenten hinter sich gelassen! - Da geschieht es: auf der letzten Stufe gerät sie ins Straucheln, stürzt und sieht schon im Fallen die Spottkommentare vor sich: „Ein Stern stürzt ab!“

Da verzweifelt der geschickte Finanzjongleur, dessen Anlagetipps Gold wert waren. Einmal verspekuliert und der Vertrauensverlust seiner Investoren treibt ihn an den Rand des Ruins.

Da geht der gefeierte Fußballstar, dessen Schüsse immer ins Tor treffen, mit gesenktem Kopf vom Platz. Ausgerechnet den spielentscheidenden Elfmeter hat er verschossen und schon am nächsten Tag wird öffentlich über sein Karriereende diskutiert.

Ein Spruch, den ich in meiner Kindheit oft hörte, fällt mir ein: „Hochmut kommt vor dem Fall“. - Dazu passt der Bibelvers, der uns ab Sonntag durch die Woche begleiten wird: „Gott widersteht den Hochmütigen, aber den Demütigen gibt es Gnade.“ (1. Petrus 5,5b.)

Haben wir einen Spaßverderber-Gott? Darf man nicht stolz sein auf Erreichtes und Gelungenes?

Es ist doch bemerkenswert, wenn jemand etwas Besonderes kann und damit Ruhm und Ehre erlangt! Ein kluger Kopf vielleicht, eine brillante Wissenschaftlerin, eine tolle Sängerin, ein überragendes Computer-Genie, eine Top-Fußballerin, ein Spitzensportler oder eine Influencerin mit Tausenden von Followern.

Ich denke, Gott freut sich über das, was SEINEN Menschen gelingt. – Das Problem ist nur das riesengroße Ego, das sich oft mit dem Gelingen einstellt. – Ein Problem für alle, die ihren Stern ständig polieren müssen, damit er nicht verblasst! Eine Last für Menschen, denen das Streben nach immer neuen Erfolgen die Lebensfreude und die Leichtigkeit nimmt!

„Gott widersteht den Hochmütigen, aber den Demütigen gibt es Gnade.“ – Ich denke, das ist zutiefst seelsorgerlich gemeint: Gott will nicht, dass SEINE Geschöpfe Glück allein von ihren Erfolgen abhängig machen. Gott möchte davor bewahren, Zufriedenheit nur dann zu erleben, wenn scheinbar alles gelingt. „Gott widersteht den Hochmütigen…“ – ER will uns schützen vor dem schmerzhaften Fall, der überzogene Lebensentwürfe in Trümmer legen kann.

„… aber den Demütigen gibt er Gnade“. – Menschen also, die in all ihren Erfolgen, auf jedem Siegertreppchen, in mühelosem Gelingen und trotz vieler Lobeshymnen den Geber aller guten Gaben – also auch ihrer besonderen Begabungen – nicht vergessen! Demütige Menschen leben aus der Gnade, selbst im Misslingen noch wissen zu dürfen, dass ihnen der größte Ehrentitel erhalten bleibt: „Kind Gottes“. Dann wird aus falschem Hochmut eine ehrliche Dankbarkeit - und dankbare Menschen leben einfach gesünder. Amen!


Pfarrer Michael Beening