Evangelischer Kirchenkreis Lübbecke

Worte der Besinnung für den 06. Juli 2024

Pfarrerin Karin Röthemeyer

Seit einiger Zeit hat die belastende Situation einsamer Menschen vermehrt Aufmerksamkeit bekommen. Phasen der Einsamkeit können Menschen jeden Alters betreffen. Eine Zeit der Einsamkeit kann es vor allem dann geben, wenn – aus welchem Grund auch immer – vertraute Bindungen wegbrechen. Da sind die jungen Erwachsenen, die für Ausbildung und Beruf an einen anderen Ort ziehen, die junge Mutter, die im Beruf pausiert und allein mit einem Baby zu Hause ist, Menschen, die durch den Ruhestand Kontakte verlieren oder die, die ihren Lebenspartner verlieren.

Das Problem der Einsamkeit ist kein Phänomen unserer Zeit. So wird schon in einem Psalm über Einsamkeit geklagt. Der einsame Mensch trägt seine Not vor Gott: „Wende dich zu mir und sei mir gnädig; denn ich bin einsam und elend“. (Ps 25, 16) Wer lange ohne wirkliche Kontakte ist, kann die Gefühlslage, die aus diesen Worten spricht, wohl nachvorziehen. Wenn man unfreiwillig tagelang allein ist, wenn außer wenigen Worten beim Einkaufen kein Gespräch stattfindet, kann das sehr belastend sein. Wir Menschen sind auf Gemeinschaft angelegt. „Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei“ (1.Mose 2,18) steht schon auf der zweiten Seite der Bibel.

Wir brauchen einander, um uns gegenseitig zu unterstützen und aufzuhelfen, wenn einer fällt. „Weh dem, der allein ist, wenn er fällt!“ (Pred Salomo, 5,10) Die Angst vor allem älterer Menschen, sie könnten fallen, wenn sie allein in der Wohnung sind, kennen wir auch. Glücklicherweise gibt es da inzwischen verschiedene Hilfesysteme. Es ist auch möglich, über einen regelmäßigen Telefonkontakt sicherzustellen, dass in relativ kurzer Zeit bemerkt wird, wenn man gestürzt ist. Es braucht wohl Mut und Überwindung, auf andere zuzugehen, wenn man sich einsam fühlt. Da mag es hilfreich sein zu wissen, anderen geht es ähnlich. Und es ist gut, aufmerksam die Menschen in unserer Umgebung wahrzunehmen und bewusst anzusprechen, wenn wir den Eindruck haben, da ist jemand viel allein.

In unserem Sprachgebrauch unterscheiden wir oftmals zwischen freiwillig gewähltem Alleinsein und Einsamkeit. Kontakte sind wertvoll. Das bedeutet jedoch nicht, dass jeder unbedingt pausenlos in Gesellschaft sein möchte. Zeiten des Alleinseins können wohltuend sein und zu einer Kraftquelle werden. Wir brauchen wohl beides, Zeiten, in denen wir uns zurückziehen und Zeiten der Begegnung mit anderen.


Karin Röthemeyer, Pfarrerin in der Ev.-luth. Kirchengemeinde Alswede