Evangelischer Kirchenkreis Lübbecke

Keine Angst vorm Wiedereintritt in die Kirche

Karsten Schulz


Benjamin Tinz, der auch Jugendpfarrer des Kirchenkreises ist, freut sich über jeden, der zu ihm nach Lübbecke kommt. Foto: Karsten Schulz.

Lübbecker Land, den 26. August 2025

Die Zahlen der Kirchenaustritte sind sicherlich alarmierend. Immer wieder wird die Öffentlichkeit mit neuen Austrittswellen konfrontiert. Die Meldungen überschlagen sich, es gibt Versuche, die Gründe zu analysieren. Doch wird bei diesen vielen Zahlen, die die Kirche immer wieder in die Defensive drängen sollen, vergessen, dass es im gleichen Zeitraum auch immer wieder Eintritte in die Kirche gibt. Zumindest in der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ist dies schon lange erkannt worden, und vielerorts wurden Möglichkeiten geschaffen, um es den Menschen einfacher zu machen, eine neue religiöse oder spirituelle Heimat zu finden oder nach einem Austritt, der aus unterschiedlichen Gründen erfolgt ist, wieder einzutreten. Seit einigen Jahren hat sich auch der Evangelische Kirchenkreis Lübbecke dieser Erkenntnis angeschlossen und eine eigene Eintrittsstelle geschaffen. Seit dem Herbst 2023 wird sie von Pfarrer Benjamin Tinz betreut.

Das Gebäude, in dem Benjamin Tinz arbeitet, ist schlicht und nüchtern gestaltet – ein typischer Verwaltungsbau. Nichts erinnert hier an eine Kirche. Es ist das Verwaltungsgebäude des Kirchenkreises Lübbecke, in dem sich auch die Eintrittsstelle befindet. „Wir wollen für unsere Besucher den Zugang so offen wie möglich gestalten und keine Barrieren schaffen“, sagt der Jugendpfarrer des Kirchenkreises. Sein Büro liegt gleich unten, wenn man durch die große Glasschiebetür eintritt. Links stehen alle Türen offen. „Herzlich willkommen. Was kann ich für Sie tun?“ Seine offene Art nimmt jedem die Scheu. Gleich am Eingang ist ein Bildschirm befestigt, auf dem in großen blauen Lettern steht: Eintrittsstelle des ev. Kirchenkreises Lübbecke. Darunter ein großer Pfeil in eine Richtung: Komm rein. Hier ist jeder willkommen – das spürt man sofort.

„Es gibt viele Gründe für einen Kircheneintritt. Vor allem die Sehnsucht nach Gott und der Wunsch, den Glauben zu festigen und in Gemeinschaft zu leben, sind häufige Motive. Jüngere Erwachsene, die zu uns kommen, verspüren nicht selten den Wunsch, kirchlich zu heiraten. Auch die Taufe eines Kindes oder die Übernahme des Patenamtes führen oft zu der Entscheidung für den Kircheneintritt. Die Kirche möchte in diesen Situationen auf Menschen zugehen, Kontakte pflegen und Interessierte mit offenen Türen empfangen“, erzählt Tinz von den Erfahrungen mit denen, die dem Pfeil gefolgt sind.

Man habe es im Kirchenkreis bewusst „Eintrittsstelle“ genannt und nicht „Wiedereintrittsstelle“, denn es kämen auch Menschen, die zum ersten Mal mit Kirche in Berührung treten oder aus anderen Religionen oder Glaubensgemeinschaften zur evangelischen Kirche wechseln möchten. „Wir wollen eine möglichst niederschwellige Möglichkeit bieten und haben es deshalb hier angesiedelt“, sagt Tinz. Bewusst auch außerhalb der Ortsgemeinden, weil viele Menschen lieber anonymer bleiben möchten. Möglicherweise lagen auch hierin die Gründe für einen Jahre zurückliegenden Austritt.

Eintrittswellen ähnlich den Austrittswellen gebe es nicht, so Tinz. Das ganze Jahr über würden immer wieder Menschen vorbeikommen, die die Gemeinschaft der Kirche wieder erleben möchten. Die Entwicklung sei stetig. Das Kreiskirchenamt ist übrigens von Montag bis Donnerstag von 9 bis 15 Uhr und am Freitag von 9 bis 14 Uhr geöffnet.

Den Eintritt könne man ganz formal bei ihm vollziehen. Dafür müsse man einen Ausweis, das Schreiben des Amtsgerichts über den Austritt sowie das Taufdatum mitbringen. Bei Tinz erhält man dann das Bestätigungsschreiben mit dem Siegel des Kirchenkreises und ist somit wieder Mitglied. „Man kann aber auch ein persönliches Gespräch führen“, fügt er hinzu – darüber würde sich der evangelische Geistliche besonders freuen.

Die Türen im Kirchenkreis und überhaupt in der evangelischen Kirche seien offen für alle Menschen. Es gebe keine Prüfung oder langwierigen Prozesse, um aufgenommen zu werden. Tinz: „Jeder, der sich unserer Gemeinschaft zugeneigt fühlt und in ihr leben möchte, ist willkommen.“ Es gehe hier nicht darum, dass die Kirche missionieren wolle, sondern um das Prinzip, dass jeder Mensch willkommen geheißen werde. Jeder solle, so Tinz, seinen Standort finden – und auch Gemeinschaft. Die evangelische Kirche habe viel zu bieten, auch für Menschen, die dem Glauben zunächst skeptisch gegenüberstehen.

Pfarrerin Barbara Fischer, Vertreterin des Superintendenten, bezeichnet die Eintrittsstelle im Kirchenkreis als sehr wichtig und als einen „neutralen Ort“, zu dem jeder Mensch Zugang habe. Die Evangelische Kirche in Deutschland sieht vor, dass man in jeder Lebens- oder Glaubensphase eintreten könne. Dem Kirchenkreis sei es wichtig, einen neutralen und möglichst niederschwelligen Zugang zu den Menschen zu schaffen – auch jenseits der Ortsgemeinden.

„Gerade deshalb ist diese Stelle so wichtig“, betont die evangelische Geistliche. Die Eintrittsstelle sei zudem ein Gesprächsangebot für alle, das auch weitergehende Kontakte – beispielsweise zu diakonischen Einrichtungen – ermögliche. „Auch über sie kommen viele Menschen wieder zur Kirche zurück“, stellt Barbara Fischer fest. Ausdrücklich weist sie darauf hin, dass man jederzeit die Möglichkeit habe, beim Pfarrer oder bei der Pfarrerin des Vertrauens ein Gespräch zu führen, das zum Eintritt in die kirchliche Gemeinschaft führe oder auch nicht.